Hamme/Hofstede. Neue Ausstellung in der Autobahnkirche Ruhr: Die 76-jährige Künstlerin Regina Piesbergen verarbeitet in ihren Kunstwerken auch viele persönliche Erlebnisse. Ihre Bilder sind noch bis Ostern in dem Gotteshaus an der Dorstener Straße 263 in Hamme zu besichtigen
„Das Kreuz steht für mich für unsägliches Leid, aber auch für dessen Überwindung. Es ist Zeichen der Betroffenheit und Zeichen der Hoffnung.“ Das erklärt Künstlerin Regina Piesbergen zu ihrer Bilderserie „Kreuzwege“. Passend zur aktuellen Passionszeit hängen die 20 Aquarelle nun in der Autobahnkirche Ruhr (Abfahrt A40 Bochum-Hamme). Bis Ostern können sie (fast) jederzeit in Augenschein genommen werden (siehe Infobox).
Die 76-jährige weiß, wovon sie spricht. „Die Flucht von Ostpreußen nach Westen im Jahr 1945 hat mich geprägt“, erinnert sie sich. Als Achtjährige war sie mit ihrer Mutter und den zwei Geschwistern unterwegs. Ein junger russischer Soldat wollte dann – fast am Ende der gefahrvollen Reise – ihren kleinen Bruder Fritz „adoptieren“; als „Lohn“ dafür, dass der Rest der Familie weiterziehen konnte. „Wir haben ihn angefleht und gebettelt, dass wir eine Familie bleiben konnten“, sagt sie.
Fast ist es so, als ob sie diese Situation – zwischen Leid und späterem Glück – in der Kirche unter ihren Kreuzen gerade wieder durchlebt. Denn: Alles wurde gut. Der Soldat ließ alle ziehen.
„Vieles, was ich verdrängt hatte, kam hoch“
„Diese Erinnerungen habe ich verarbeitet, als ich 1986 die Bilder malte“, erzählt die Künstlerin, die sich das Malen autodidaktisch beibrachte. 42 Aquarelle (Größe 64 x 50 Zentimeter) schuf sie damals rund um das Thema. „Vieles, was ich verdrängt hatte, kam hoch.“ Das war dann ihr Kreuzweg, in dem sie ihre Lebensgeschichte durchlitt, neue Hoffnung fand und zugleich etwas Ansprechendes für andere Leute schuf. Piesbergen: „Die Bilder sind Ausdruck meiner Auseinandersetzung mit dem, was das Kreuz für uns Menschen bedeutet hat und heute bedeutet.“
Diese „Kreuzwege“ haben damit wenig gemein mit dem Kreuzweg, der den Leidensweg Christi vor Ostern beschreibt. Ausgangspunkt der Serie ist ein braunes Holzkreuz, das im zweiten Bild heftig verbogen wird. Die Frage, was der Mensch der Natur durch sein Handeln antut, tritt im dritten Bild hinzu. Die Bildfarbe ist nun blaugrau, fast wie Asche. Vergänglichkeit bleibt das Thema bis zum sechsten Bild, das einen Grabstein darstellt. Angst und sprachloses Leid spricht dann aus den weiteren Bildern, in denen das Kreuz Augen bekommt. Am Ende ist jedoch Hoffnung, so wie bei der christlichen Auferstehung. In Bild 20 ist ein Mensch im Kreuz (in Gott) geborgen.
Intensive Bildsprache
Bilder täglich von 8 bis 20 Uhr zu sehen
Die 20 ausgestellten Aquarelle zum Thema „Kreuzwege“ sind bis Samstag, 19. April, in der Autobahnkirche Ruhr, Dorstener Straße 263, zu sehen. Öffnungszeiten: täglich von 8 bis 20 Uhr.
Künstlerin Regina Piesbergen verschenkte die Bilderserie im Jahr 2010 an das Referat Kirche und Kultur des Kirchenkreises Vlotho. Von dort sind sie auf Anfrage bei Pfarrer Hartmut Birkelbach ausleihbar.
Piesbergen gelingt eine intensive Bildsprache. Dabei sind eigentlich nur Kreuze auf den Bildern zu sehen, die aus geraden und waagerechten Strichen bestehen.
Der ehemalige Ortspfarrer Karl-Heinz Gehrt besorgte die Bilder. Gemeindepfarrer Michael Otto übernahm die Ausstellungseröffnung.