Kanalbaustelle Königsallee: Politik stemmt sich gegen Abholzen der Platanen.Tiefbauamt will im November beginnen. Zugang zu Geschäften erhalten
Mitte. Die Nachricht überraschte die politischen Gremien im Bezirk Mitte und im Umweltausschuss zeitgleich: Der Kanalbaumaßnahme auf der Königsallee stehen die Platanen, von der Unterführung bis zum Schauspielhaus, im Weg. Das Tiefbauamt informierte jeweils mündlich, und die Empörung war groß.
In diesen kleinen Abschnitt der Königsallee, der das „Viertel vor Ehrenfeld“ streift, ragt als Weiterführung die Kanalbaustelle Oskar-Hoffmann-Straße hinein mit der Erschließung des City-Tors Süd (am Riff). Michael Kammler schilderte im Bezirk, Tiefbauamtsleiter Uwe Seidel im Ausschuss darüber, dass der Schacht wegen technischer Schwierigkeiten zur Fahrbahnmitte hin verlegt werden müsse, wo acht Platanen wachsen.
Sieben davon müssten gefällt werden, so Kammler, weil eine Pressgrube viel Platz einnehmen werde: „Große Betonteile werden versenkt, jedes davon 40 Tonnen schwer, die sich durch ihr Eigengewicht tief in den Boden drücken.“ Auch für den Aushub aus der Baugrube erfordere eine enge Logistik, den Mittelstreifen einzubeziehen.
Elke Heuvel (Grüne) fühlte sich überfahren, vor vollendete Tatsachen gesetzt. „Eigentlich müsste so etwas zur Beschlussfassung vorgelegt werden.“ James Wille (CDU) machte darin eine schlechte Planung im Vorfeld des Kanalbaus aus. Und Bezirksbürgermeister Dieter Heldt bedauerte: „Wir sind nur ein beratendes Gremium in dieser Sache, können nicht mehr tun, als unseren Unmut zu äußern.“ Eine Beschlussvorlage würde zu Unterbrechungen im Bauverlauf führen, warnte Kammler. Die Königsallee müsste ohnehin für ein paar Stunden voll gesperrt werden, wenn der Kran an seinen Platz gehievt werde. Die Dauer des Kanalbaus wird auf sechs Monate geschätzt, los geht’s ab November.
5000 Euro pro Baum
Dass damit das Schicksal der Bäume besiegelt sein sollte, wurde im Bezirk Mitte ebenso wenig akzeptiert wie im Umweltausschuss. Also sollen sieben der Platanen, alle etwa 60 Jahre alt, nicht abgeholzt, sondern ausgegraben, auf dem Gelände des City-Tors Süd „zwischengeparkt“ und später an alter Stelle wieder eingepflanzt werden. Dazu tendierten beide Gremien einhellig. Das, so erläuterte Kammler, kostete pro Baum 5000 Euro, „angesichts der Gesamtkosten von fünf Millionen Euro zu verschmerzen, zumal neue Bäume auch nicht viel billiger wären“. Indes könne keine Garantie gegeben werden, dass solch’ alte Bäume das Umpflanzen tatsächlich überleben.
Stadtförster Lothar Kühnen erklärte dazu auf Anfrage der WAZ: „Dieses Verfahren ist nicht leicht, aber auch nicht unmöglich. Wichtig ist nur, dass das Ausgraben der Bäume von einer Spezialfirma übernommen wird.“
Ein weiterer Grund fürs Verlagern der Baugrube ist auch, die Erreichbarkeit der kleinen Geschäfte auf der rechten Straßenseite (stadtauswärts) zu erhalten. „Es gab Gespräche mit den Ladeninhabern mit dem Ergebnis, eine Trasse vor den Lokalen zu belassen.“
Aus Angst vor Geschäftsverlusten sei das Ausgraben der Bäume gegenüber den Unternehmern besser vertretbar als – wie die ursprüngliche Verkehrsplanung vorsah – die Alte Hattinger Straße und die Clemensstraße von der Königsallee abzubinden, so der Tiefbauamtsmitarbeiter, zuständig für die Kanalplanung.
Die Stadt baut dort einen Schmutzwasser- und Regenwasserkanal (teils in offener Bauweise). Dies auch als Erschließung für die Reaktivierung der Brachfläche am City-Tor Süd.