Mitte. Weil der Spielplatz an der Neustraße nachts so oft von Chaoten heimgesucht wird, hat sich der Verein „Stadtverwalter“ eine klasse Aktion überlegt

„Bitte Hundekot auf dem Fußweg platzieren.“ „Bitte hier Steine werfen.“ Auf dem Spielplatz Neustraße in direkter Nachbarschaft des Bermuda-Dreiecks herrschte am Wochenende verkehrte Welt. Hier, wo in den Abendstunden ein Treffpunkt für Betrunkene und pöbelnde Jugendliche entstanden ist, wo im Schutz der Bäume das Spielgelände gern mal zum Freiluft-Pissoir umfunktioniert wird, ausgerechnet hier luden jetzt Schilder frei heraus zum Vandalismus ein.

Ja, aber mit einem Augenzwinkern. Denn die Schilder gehörten zu einem Teil der Sommerreihe „Höflichkeiten. Spiele Deine Stadt“ des Vereins Stadtverwalter. An allerlei kreativen Mitmach-Stationen durften sich die Spielplatz-Besucher dabei als „höfliche Vandalen“ ausprobieren. Mit spielen, laute Musik hören, Glasflaschen zerdeppern oder große Farbflecken hinterlassen: Was sonst unerwünscht oder verboten ist, konnte jetzt spielerisch ausgelebt werden. Allerdings immer in einem sicheren Rahmen und ohne Beschädigungen.

„Pinkel-Winkel“ stand mit schwarzer Farbe auf einem großformatigen Transparent. Die hintere Ecke des Spielplatzes werde oft als kostenlose Toilette genutzt, weiß Giampiero Piria, der die Spiele-Aktion mitorganisiert hat. „Als wir hier unseren Pinkel-Winkel aufbauten, wollte gerade wirklich einer zum Pinkeln kommen. Der ist dann in eine andere Ecke ausgewichen.“

Einige Meter weiter hatte Hermann Teigelkamp leere Flaschen aufgebaut. Mit Schutzbrille und lauter Musikbeschallung im Hintergrund schmissen große und kleine Besucher die gläsernen Alkoholbehältnisse mit aller Kraft gegen eine verwitterte Backsteinwand.

„Eine pädagogische Mission verfolgen wir nicht“

Die Scherben sammelte der Künstler auf einer Plastikplane: „Daraus werde ich später eine Skulptur formen“, erklärte er. Aus dem Akt der Zerstörung wolle er kreativ etwas Neues schaffen.

„Eine pädagogische Mission verfolgen wir nicht“, sagte Giampiero Piria. „Aber wir wollen das Thema Vandalismus in eine konstruktive, kreative Konnotation bringen.“ Beim „Kippen Schnippen“ zum Beispiel: „Da werden die Zigarettenstummel, die wir heute morgen hier eingesammelt haben, in einen Mülleimer geschnippt.“ Oder beim Steinewerfen in ein Gebüsch.

Das spielerische Randalieren, hofft Piria, könnte zur Aufwertung des Ortes beitragen: „Die Leute kommen vielleicht wieder und erinnern sich: Das war doch der Platz, auf dem wir Kaffee getrunken und im Pinkel-Winkel Action-Painting gemacht haben.“