Mitte. . Einige Anwohner fühlen sich durch das Festival massiv gestört und müssen „flüchten“.Der Einzelhandel nimmt das turbulente Wochenende eher gelassen hin.
„Wir gehen seit Donnerstag nur noch am Vormittag raus.“ 361 Tage fühlen sich Elfriede und Werner Ruloff in ihrer Wohnung an der Viktoriastraße wohl. An vier Tagen im Jahr herrscht Ausnahmezustand vor der Haustür. „Schlimm!“, schimpfen die Senioren über Bochum Total, wissen aber: „Wenn man in der Innenstadt lebt, muss man das aushalten.“
Heiß geliebt wird das Festival von den bis zu eine Million Besuchern, die noch bis Sonntag in die City pilgern. Wer hier wohnt, zeigt dem Trubel mitunter die kalte Schulter. So wie die Ruloffs. „Ab 17 Uhr stecke ich mir Stöpsel in die Ohren“, sagt der 74-jährige Ehemann, während seine Frau zur Tochter nach Gerthe „flüchtet“.
Björn Büttner hat dafür Verständnis, betont aber „das im Prinzip gute Verhältnis zur Nachbarschaft. Das hat sich prima eingespielt“. Es gebe Durchfahrtscheine, ständige Ansprechpartner und ausreichend Toiletten. Am Bühnenschluss um 22 Uhr werde „nicht gerüttelt. Eine Ausweitung wäre wahrhaftig eine zu große Belastung gerade für die älteren Anwohner“.
Umsatzeinbußen
Auch die innerstädtischen Geschäfte bekommen die Auswirkungen des Freiluft-Events zu spüren. „Natürlich haben wir Umsatzeinbußen“, sagt Alfred Kliss von Heinen Brillen. Seit 20 Jahren arbeitet er in dem Brillenladen am Südring. „Wenn Bochum Total ansteht, dann sehen wir zu, dass wir schnell aus dem Laden kommen“, erzählt Kliss. Wegen des Festivals schließt der Laden bereits gegen 17 Uhr. Heute wird das Brillengeschäft sogar schon um 16 Uhr dicht gemacht. Mitarbeiterin Margot Hufnagel erklärt: „Unser Geschäft basiert auf Beratungsgesprächen. Wenn erst mal die Musik aufgedreht ist, dann könnten wir die Kunden nur noch anschreien.“
Trotzdem ist man in dem Brillengeschäft nicht verärgert. „Das Festival gehört einfach zu Bochum. Das hat schon Tradition. Die vier Tage Ausnahmezustand nehmen wir gerne in Kauf“, so Kliss.
Ähnlich sieht es der benachbarte Juwelier Oliver Stang. „Wir verkaufen zwar ein bisschen weniger, aber das gleicht sich über das Jahr hinweg wieder aus“, so Stang. „Außerdem war ich auch mal jung und habe mitgefeiert. Das Fest ist wichtig für Bochum“, ergänzt er.
Auch beim Brautmode-Geschäft „Wedding Dreams“ auf der Viktoriastraße ist man entspannt. „Wir machen früher dicht und schauen auch mal auf einen Cocktail bei einem Konzert vorbei“, so Verkäuferin Violetta Sobolewski. „Am Montag wartet dann allerdings doppelt so viel Arbeit.“
Bogestra sperrt Haltestelle am Schauspielhaus
Ungewöhnliche Umstände verlangen ungewöhnliche Maßnahmen: Weil Südring und Viktoriastraße während des Festwochenendes von Bochum Total für den Verkehr gesperrt sind und auch die Oskar-Hoffmann-Straße wegen der Großbaustelle nur vom Schauspielhaus aus in Richtung Unistraße befahrbar ist, hat sich die Bogestra zu einer ungewöhnlichen Lösung entschlossen: Die Haltestelle Schauspielhaus wird bis Sonntagabend stadtauswärts aufgehoben.
Dies betrifft die Linien CE 31, 353, 354, 394, 388, SB 37 sowie die Nachtexpress- Linien NE 4 und 5, die in Richtung Bochumer Süden das Schauspielhaus weiträumig umfahren. Sie kurven vom Hauptbahnhof über die Unistraße und Friederikastraße auf die Königsallee. Nächster Halt etwa für den CE 31 ist demnach der
Rechener Park.
„Das ist aufgrund der Baustellen-Lage und der BO-Total-Sperrung einfach nicht
anders möglich“, meint Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. Die Fahrgäste werden am Schauspielhaus zwar von freundlichen Bogestra-Mitarbeitern über die Aufhebung der Haltestelle informiert, doch dann hilft nur eins: laufen. Zumindest bis zur Haltestelle Farnstraße oder zurück zum Bahnhof.