Gerthe. .

Die Vergangenheit wieder lebendig werden lassen, das geschieht in der Christuskirche in Gerthe nicht nur im Rahmen der Renovierungsarbeiten. Die Ruhrgebiets-Revue des Zeitgeist-Ensembles Ruhr erinnerte jetzt an die Geschichte des Stadtteils. Mit Gesang und Lesungen rief sie die Bergbauhistorie ebenso in Erinnerung wie die Zeit des Strukturwandels.

Die junge Sängerin mit den feuerroten Haaren steht auf der Bühne unter dem großen Triumphbogen-Motiv der Kirche. Hinter ihr zeigt eine große Leinwand das einstige Erscheinungsbild des Gotteshauses – so wie der Innenraum aussah, als hier einst die Bergarbeiter zum Gottesdienst kamen. Laura Roesner umfasst das Mikrofon und setzt mit klarer Stimme zum ersten Lied an. „Glück auf, Glück auf.“ Aus dem hinteren Teil der Kirche ziehen unterdessen die Mitglieder des Knappenvereins ein. Mit dem Steigerlied eröffnen sie gemeinsam den Abend und setzen ein Zeichen für die gelebte Tradition.

Doch der Revue-Abend soll keineswegs die Vergangenheit verklären. In den poppigen Songs besingen die drei Frauen des Zeitgeist-Ensembles nicht nur die schönen Erinnerungen an das „Kohlengräberland“. Zur Keyboard-Begleitung von Ulrich Dieter Kind und atmosphärisch düsteren Klängen des Saxofonisten werden auch die Gefahren der harten Arbeit unter Tage angesprochen. Auf der Leinwand zeigen Schwarz-Weiß-Fotos unterdessen die körperlich geschwächten Bergleute.

Knochenarbeit in finsteren Tiefen, Angst vor Unglücken und geringer Lohn: So hatten sich die Arbeit suchenden Migranten aus Masuren ihr Leben im Ruhrgebiet nicht vorgestellt. Sängerin Deborah Schwittai liest Auszüge aus einem Werbeplakat, dass die Ostpreußen in den Westen locken sollte. Fast paradiesische Lebensbedingungen wurden dort versprochen. Im harten Kontrast dazu steht das Lied „Der Lohntag ist gekommen“, das der Duisburger Liedermacher Frank Baier vorträgt. Der zeitgenössische Text, beschreibt in klaren Worten die Armut der Bergarbeiterfamilien.

Zum Ruhrgebiet aber gehören auch Arbeiterkämpfe, Streiks und Zechensterben. Wenn die drei jungen Sängerinnen, unterstützt von einer Gruppe Schülerinnen, mit glasklaren Stimmen diese Themen in ihren Eigenkompositionen ansprechen, bekommen selbst die besungenen Kneipengespräche der frustrierten Arbeiter einen melancholisch-poetischen Anstrich. Damit schafft es das Zeitgeist-Ensemble, in der modernen Sprache der Popmusik alte und junge Zuhörer gleichermaßen zu begeistern.