Mitte. . FH-Studenten lassen am „Riff“ aus Müll Kunstwerke entstehen
Der Sommerflieder ist längst verblüht, Johanniskraut weht müde im Herbstwind. Allein das gelbe Greiskraut sorgt mit seinem satten Gelb für Farbtupfer auf dem Brachgelände am „Riff“, es nieselt leicht. Doch von trüber Stimmung keine Spur. 30 Studenten der evangelischen Fachhochschule wühlen mit hoch konzentrierten Gesichtern im Gebüsch, schleppen Steine und Betonlatten, sammeln längst vergilbte Zigarettenschachteln zusammen. Eine Säuberungsaktion zum Wohle der Umwelt? Nein, darum geht es nicht an diesem Vormittag. Vielmehr lautet die Aufgabe der Studenten am heutigen Tag, innerhalb von zwei Stunden Kunstwerke aus weggeworfenen Gegenständen zu konstruieren.
„Verwertbarkeit von Zivilisation und Natur“
„Soziale und politische Aspekte der Kunst“, so der Titel des Seminars, das von Helene Skladny. Professorin der FH, geführt wird. Als Vorbild nahmen sich die Teilnehmer den „cargo-kult“: Während des Zweiten Weltkrieges landeten amerikanische Soldaten auf einer Inselgruppe nahe Java, fernab jeglicher Zivilisation. Die Bevölkerung hielt die Besucher für Götter, kamen sie doch mit ihren Flugzeugen vom Himmel herab. Als die Besucher wieder abreisten, konstruierten die Einheimischen Objekte aus einfachen Materialien, die ihnen in ihrer natürlichen Umgebung zur Verfügung standen. Zur Hilfe nahmen sie jene Materialien, die von den Soldaten vor Ort zurückgelassen wurden. „Verwertbarkeit von Zivilisation und Natur“, nennt Helene Skladny diesen Gedanken, den die Studenten heute auf dem Brachgelände nachstellen sollen.
Und rasch stellt sich heraus: Die auf den ersten Blick so leer stehende Fläche gegenüber dem „Riff“ entpuppt sich einmal mehr als echte Fundgrube für kreative Köpfe. Stolz stehen die Studentinnen Anna Lottermoser und Lynn Rohmann vor ihrem Kunstwerk: „Soldat auf Panzer“ nennen die beiden jungen Frauen ihre Arbeit, zusammengebaut aus alten Autoreifen, Baumstämmen und weggeworfenen Blumentöpfen. „Ich fühle mich hier wie auf einem riesigen Spielplatz“, schwärmt eine von ihnen. „Nur eben für Erwachsene“.
Und genau das ist es, was diesen Platz ausmacht, da ist sich auch Künstler Matthias Schamp sicher: „Orte wie diese sind die Paradiese meiner Kindheit, hier haben wir gespielt und Hütten gebaut“, so schwelgt der Künstler in Erinnerungen. „Umso glücklicher bin ich, dass Bochum Marketing mir die Möglichkeit gegeben hat, diese Fläche für Ausstellungen und Seminare zu nutzen.“
So wie eben heute: Die Studenten danken es, stellen ihrer Professorin und Matthias Schamp am Ende des Vormittags ihre Arbeiten vor. Ein altes Holzregal, vollgestellt mit Fundstücken. „West-Bodega“, nennt ein Student sein Werk. Helene Skladny ist begeistert: „Nichts davon ist mitgebracht, alles hier vor Ort gefunden“, sagt sie stolz. Ganz so, wie es eben im Sinne des Veranstalters war.