Griesenbruch. . Neuntes Westendfest lockt wieder Jung und Alt auf den Springerplatz. Das Besonderes daran: Die Menschen vor Ort gestalten ihre Feier selbst.
Beim neunten Westendfest auf dem Springerplatz überreichte OB Thomas Eiskirch den mit 10 000 Euro dotierten „Urban Land Institute (ULI) Germany Award for Excellence“ an die Architekten des Zentralmassivs als „Katalysator für die Aufwertung und Belebung des öffentlichen Raumes“ – und anteilig an den gesamten Stadtteil. „Kein anderer Stadtteil in Bochum hat in den vergangenen Jahren eine so positive Entwicklung erlebt wie das Westend“, lobte Eiskirch. Und so etwas lasse sich nicht am Schreibtisch planen. Es brauche immer die Menschen, ein gutes Miteinander.
Miteinander plant die Stadtteilbevölkerung seit zwei Jahren auch das Westendfest. „Der Stadtumbau ist somit auf gesunde Füße gestellt“, sagt Stadtplaner Jens Franken vom Stadtumbaubüro in Goldhamme. „Die Akteure gestalten selbst.“
„Ich bin heute hier, weil ich jedes Jahr dabei bin“, erklärt Marianne Warstat (84), die bis vor zwei Jahren mit drei weiteren Seniorinnen noch im Bierwagen stand. In diesem Jahr wurde der Bierwagen durch eine selbstgebaute Holztheke mit Barhockern ersetzt, die der geflüchtete kurdische Syrer Aziz Kaya (26) zusammen mit der Bildhauerin Dorothee Schäfer angefertigt hat. „Sprachlich war das manchmal eine Herausforderung“, sagt Schäfer. „Handwerklich haben wir großartig zusammen gearbeitet.“
Über das Handwerkliche begeistert Schäfer auch die Kinder im Westend: „Ich habe in diesem Sommer eine Art rollendes Atelier: einen kleinen Wagen, der sich ziehen lässt. Vollgepackt mit Ton, Speckstein, Wasser, Werkzeug, Stöcken, Schnüren. Damit besuche ich Spielplätze und Parks – und meist dauert es nicht lange, bis Kinder kommen und mitarbeiten.“
Erfolg erleben auf der Theaterbühne
„Sobald es konkret wird, klappt alles wunderbar“, sagt Sabine Timmer vom St. Marienstift. Das Seniorenheim hat in diesem Sommer ein Projekt mit der benachbarten Flüchtlingsunterkunft an der Humboldtstraße durchgeführt. Dabei sind viele Kontakte entstanden. Exemplarisch sieht das so aus: „Die Geflüchteten schieben die Rollstühle, die Senioren zeigen ihnen die Stadt.“
Abschluss der Internationalen Kulturwochen
Das Westendfest bildete den Abschluss der Internationalen Kulturwochen in Goldhamme, Stahlhausen, Griesenbruch zum Thema „Nachbarschaft, Flucht und Ankommen“. An den 17 Kulturprojekten waren etwa 500 Menschen aller Generationen beteiligt.
Der mit 10 000 Euro dotierte ULI-Award ging zur Hälfte an den Architekten des Zentralmassivs, Thomas Stark vom Büro Stark Design. Die andere Hälfte spendete die Stadt Bochum an das Stadtteilzentrum Q1- Eins im Quartier. Haus für Kultur, Religion und Soziales.
„Ich will erleben, dass ich erfolgreich sein kann“, sagt ein junges Mädchen von der Theatergruppe Mut und Selbstvertrauen. Diese präsentiert auf der Bühne das Stück „Die Rechte der Frauen. Die öffentliche Präsenz der Frauen. In Europa“, eine Kooperation des Kulturhauses Thealozzi und der evangelischen Gemeinde Bochum.
Beim Stand des St.-Vincenz-Kinderheims machen die Älteren eine Zeitreise in ihre Kindheit: Mit Löffeln und Waage darf sich jeder eine Tüte Sausebrause selbst herstellen. Finger anlecken, in die Brause stecken, ablecken. „Für einige Kinder ist es die erste Brause ihres Lebens“, sagt Linda Lodewijks. „Aber eine ältere Frau kam gerade nochmal zurück und fragte, ob sie wohl noch eine zweite Portion haben dürfe.“