Hiltrop. . Pfarrer Jörg Sonneborn ist Heavy-Metal-Fan. In der Hiltroper Erlöserkirche setzt er die Musik auch in der Gemeindearbeit ein.
Der Tod von Motörhead-Frontmann Lemmy Kilmister hat Jörg Sonneborn getroffen. Schließlich gehört die Band mit ihrem Gründer und Sänger zu seinen Favoriten. Dass Lemmy einmal Sätze gesagt hat wie „Scheiß auf die Kirche. Jeder ist selbst für sich verantwortlich“, stört den evangelischen Pfarrer nicht.
„Vor 30 Jahren hätte ich mich darüber aufgeregt. Heute kann ich da gut mit leben. Man muss sich einfach mit dem Menschen beschäftigen“, meint der Geistliche. „Sein Vater war Militärseelsorger, hat die Familie verlassen. Lemmy hat also früh ein klischeehaftes Kirchenbild kennengelernt. Zudem ändern solche Zitate nichts daran, dass er gut zu hörende Musik gemacht hat.“
Selbst Gitarre gespielt
Die Bands Dream Theater, Metallica, Judas Priest, Rush und Led Zeppelin gehören ebenso zu dem, was Sonneborn unter „gut zu hörender Musik“ versteht. Er ist mit Heavy Metal groß geworden, besuchte Mitte der 1980er Jahre sein erstes Judas-Priest-Konzert, auf das er „als unvergessliches Erlebnis“ zurückblickt.
Früher hat der 53-Jährige auch selbst gerne zur Gitarre gegriffen, findet sein eigenes Spiel „aber heute nicht mehr so gut“. Umso lieber lädt er Bands in die Erlöserkirche ein. So etwa das Rockorchester Ruhrgebeat, das am 11. März wieder in Hiltrop auftritt.
„Hells Bells“ oder „Highway to Hell“ am Altar – für Jörg Sonneborn kein Problem: „Durch solche Konzerte wird sicherlich nichts entweiht oder entwidmet. Die Kirche ist ein weltlicher Raum, wir haben, was das angeht, ein anderes Verständnis als die Katholiken.“
Doch gerade die Metal-Szene scheint nicht gerade „kirchenaffin“ zu sein. Neben Lemmy Kilmister gibt es reichlich Kritiker. Sonneborn: „Kritik an ,meiner’ Kirche oder am christlichen Glauben stört mich dabei nicht. Sie bringt mich eher zum Nachdenken. In der Auseinandersetzung damit hat sich mein Gottesbild im Laufe der Jahre stark gewandelt und mir ganz neue Horizonte eröffnet. Eine Religion, die keine Kritik vertragen kann, macht etwas falsch.“
Sein Musikgeschmack ist – ganz im Gegenteil – manchmal sogar nützlich. Denn er findet darüber Zugänge zu vielen Menschen, wie es sonst im Ruhrgebiet nur der Fußball schaffen kann. Trau- oder Taufgespräche und Trauerbegleitungen bekommen dann eine besondere Note. „Metallica“ läuft – wenn gewünscht – in der Trauerhalle.
Die Witwe eines Fans habe ihn einmal gefragt, warum Gott es zugelassen hat, dass ihr Mann so früh sterben musste. Mit „Master of Puppets“ zitierte Sonneborn daraufhin „Metallica“. Gott nicht als Strippenzieher, der den Menschen eine gewisse Alleinverantwortung überlässt: Ein Satz, mit dem Jörg Sonneborn nicht nur leben kann. Diesmal steht er sogar voll dahinter.
Leserporträt im Magazin „Rock Hard“
Ein ausführliches Leserporträt über Jörg Sonneborn und seinen Musikgeschmack ist aktuell im Fachblatt „Rock Hard“ erschienen.
Nachdem vor einigen Jahren schon ein Leserbrief des evangelischen Pfarrers in diesem Magazin erschienen ist, erhält er auch jetzt wieder sehr viel positive Resonanz aus der Metal-Szene.
Jörg Sonneborn ist seit 13 Jahren Pfarrer in Hiltrop, arbeitete vorher in Querenburg.