Mitte/Harpen. Werner Posner geht in den Ruhestand. Der 64-Jährige engagiert sich in der Telefonseelsorge, bei der Beratungsstelle bei Suizidgefahr und hilft Seniorenbüros.
. „Krise ist ein produktiver Zustand; man muss ihr nur den Geschmack der Katastrophe nehmen.“ Dieses Zitat von Max Frisch hing bis vor kurzem an der Tür des Sprechzimmers von Pfarrer Werner Posner. Bis Ende 2015 arbeitete der erfahrene Seelsorger als Berater in der ökumenischen Krisenstelle „Prisma – Beratung bei Suizidgefährdung“, die der Bochumer Telefonseelsorge angegliedert ist. Der Spruch begleitet den 64-Jährigen nun in den Ruhestand.
Seinen offiziellen Abschied in der St. Vinzentiuskirche der Ev. Gemeinde Harpen nutzte der stellvertretende Leiter der Telefonseelsorge Bochum (2007-2015) dazu, sein Wirken als Seelsorger Revue passieren zu lassen.
Die erste, humorvolle Station war da ein Mitternachtsgottesdienst an Heiligabend im Lutherhaus der Ev. Gemeinde Stiepel, wo Posner Anfang der 1980er Jahre als Gemeindepfarrer wirkte: „Mit Jugendlichen experimentierte ich im dunklen Kirchsaal mit Streichhölzern, Wunderkerzen und Taschenlampen, um der Gemeinde zu einer weihnachtlichen Erleuchtung zu verhelfen. Die Erleuchtung, die mir danach kam, lautete: Eine raffinierte Beleuchtung macht noch keine Erleuchtung.“
Ganz anders wurde seine seelsorgerliche Tätigkeit ab 1986, als er an die Universitätsklinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin (Alexandrinenstraße) sowie ans katholische Klinikum St. Josef wechselte. Die Bilanz von Posner hieß: „Ich habe an vielen Sterbebetten gesessen, habe Trauernde besucht, habe bei psychisch Kranken ausgeharrt und mit Menschen in Lebenskrisen um Lebensmut gerungen.“ Besonders erstaunte ihn dabei immer wieder die menschliche Fähigkeit, „trotz Leids und Trauer, Kummers und Verletzungen, sich wieder aufzurichten, um neue Wege zu finden“.
Der Seelsorger wirkte auch präventiv. Er schulte die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Telefonseelsorge für ihre Arbeit. Er begleitete Selbsthilfegruppen von Menschen mit Depressionen. Im letzten Jahr unterstützte er den Aufbau des „telefonischen Besuchsdienstes“ der Seniorenbüros Ost und Mitte. Sein damaliger Hinweis nach der Polizeistatistik: „40 Prozent aller Selbstmorde in Bochum werden von Menschen über 60 Jahren verübt. Dieses neue Angebot ist Suizidprophylaxe.“
Superintendent Gerald Hagmann vom Ev. Kirchenkreis Bochum verabschiedete Posner. „Lieber Werner, Dein Rat wird mir fehlen“, bekundete er.