Goldhamme. „Der betörende Gesang des Zaubervogels“ ist das neue Weihnachtsstück im Theater Thealozzi. Die Vorlage stammt von Nobelpreisträger Nelson Mandela.

„Ah, mein Kreuz! Alles tut weh, ich bin eine alte Greisin!“ Esther ist zwar erst neun Jahre jung, doch in dem Theaterstück „Der betörende Gesang des Zaubervogels oder Ich guck schon mal, wann der Bus fährt!“ im Kulturhaus Thealozzi spielt sie trotzdem eine ältere Dame.

Marvin Kassner (16) ist der strenge Dorfvorsteher. „Das ist ganz schön schwierig, eigentlich bin ich gar nicht so streng.“ Im Gegenteil. Als er vor vier Jahren das erste Mal auf der Bühne stand, machte er nur Quatsch und war kaum zu bändigen.

„Gianpiero hat mir gezeigt, dass man auf der Bühne ruhig bleiben muss“, sagt Marvin über seinen Schauspiellehrer Gianpiero Piria, der das Kindertheater-Projekt mit Regisseurin Gudrun Gerlach leitet. „Man muss sich konzentrieren, damit man nicht stolpert.“ Eine gute Übung auch fürs echte Leben.

Zur Generalprobe kamen vier Schulklassen der Grundschule an der Maarbrücke und hörten 45 Minuten lang aufmerksam zu. „Wir wollen den Kindern die Möglichkeit geben, Theater zu erleben“, sagt die Lehrerin Radana Sivric. „Nachher sprechen wir noch über das Stück, wie es ihnen gefallen hat, was sie verstanden haben.“

Worum es in dem Stück geht? „Eigentlich muss man nur die Zeitung aufschlagen, dort steht das jeden Tag“, sagt Gudrun Gerlach, seit über 30 Jahren im Thealozzi aktiv. Es geht um Migration, Flucht und Vertreibung. Und – wie fast immer im Theater – darum, sich in andere Menschen und Situationen hinein zu versetzen. „Nur dass wir hier ein Märchen spielen.“

Ein Märchen mit vielen Wurzeln im wirklichen Leben. Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela sammelte es bei einer Reise durch Afrika auf: Ein Dorf wird darin von einem Zaubervogel tyrannisiert. Alle Hoffnungen, ihn loszuwerden, ruhen auf den Kindern.

Vorstellungen beginnen immer sonntags um 16 Uhr

Bis Weihnachten wird das Kindermärchen an jedem Sonntag um 16 Uhr gespielt. Wieder 29. November sowie 6., 13. und 20. Dezember. Karten (8 Euro erm. 5 Euro): Tel. 0234/17590.

Präsentiert wird das Stück für Kinder ab sechs Jahren und Erwachsene von der Theatergruppe „Stahlhausen Enterprises“ von Gudrun Gerlach und Axel Walter. Info: www.thealozzi.de

Der einzige erwachsene Schauspieler (Naci Köylüuşağı) bringt seine eigene Biografie in die Aufführung mit ein. Von seiner Flucht aus der Türkei vor 35 Jahren erzählt der Architekt, der in Deutschland auch als Übersetzer arbeitete und mittlerweile ein Fischrestaurant betreibt. „Noch eine Geschichte, Opa!“ rufen die Kinder, die sich um ihn herum gesetzt haben. Und der alte Mann (Köylüuşağı) erzählt von Raketen, Angst und seinem Entschluss, als junger Mann nach Deutschland zu gehen, um hier zu studieren.

„Die Kinder begreifen die Situation intuitiv“, meint Gerlach. Einige hätten bei den Proben von Bildern und Nachrichten aus dem Fernsehen erzählt. „Vielleicht hilft ihnen diese Geschichte, die Dinge besser zu verstehen.“

Kinder leuchten auf der Bühne

Nelson Mandela sagte eins: „Jeder Mensch ist dazu bestimmt, zu leuchten wie es die Kinder tun.“ Auf der Bühne des Thealozzi leuchten 14 Kinder im Alter von acht bis 16 Jahren.

„Die Kinder sind meist offener, transparenter“, erzählt Gianpiero Piria über die Arbeit mit der jungen Schauspielgruppe. „Man muss die Leine lang halten“, sagt Gerlach, „sie dann aber auch wieder ‘ran ziehen.“ Das koste zuweilen ziemlich viel Kraft. „Aber wenn man sie kriegt, dann sind sie richtig toll.“