Stahlhausen. . Die Bildhauerin Dorothee Schäfer ist die erste Residenzkünstlerin des Stadtteilzentrums Q1. Ateliereröffnung mit dreitägiger Werkschau.

Auf weißen Sockeln stehen Pussy, die Nonne, Kreuzdame und Lady Lux im Großen Saal des Q1 in Stahlhausen. „Alle vier haben eine Geschichte, einen Bezug zur Wirklichkeit“, erklärt die Bildhauerin Dorothee Schäfer (51), die erste Residenzkünstlerin des Stadtteilzentrums.

Die Büste der Nonne entstand, nachdem Schäfer in der Zeitung auf einen Bericht über Megan Rice gestoßen war. Die damals 83 Jahre alte Ordensschwester und Friedensaktivistin war 2012 in vermeintlich streng verschlossene Bereiche der US-Atomindustrie eingedrungen, um auf gefährliche Sicherheitslücken aufmerksam zu machen. „So etwas liebe ich“, sagt Schäfer. „Aktionen mit wenig Geschrei. Und irgendwer hat das gut beobachtet und aufgeschrieben.“ Sie selbst verarbeitete es in Stein.

Zur dreitägigen Eröffnung ihres Ateliers präsentierte Schäfer eine Werkschau aus den vergangenen zehn Jahren. Neben plastischen Objekten in Stein, Marmor und Gips zeigte sie Zeichnungen, Studien, dazwischen Zeitungsmeldungen. „Auf diesem Tisch hier sollen die Leute stöbern.“ Tatsächlich bewegen sich die rund 100 Besucher neugierig schlendernd durch die Räume, blättern durch Skizzenbücher, betrachten Fotos – umgeben von der Klanginstallation „Topography of Stone Beats“ des Aachener Soundengineers Paul Hubweber: Klopfen auf Stein, Schleifen, Schaben, dazwischen Glockenläuten, Kindergeschrei, ein Flugzeug. „Der Sound meiner täglichen Arbeit“, so Schäfer. Live improvisierte der Posaunist Hubweber zudem am zweiten Tag mit dem Essener Musiker Simon Camatta zu den Klängen, Geräuschen und Zwischentönen in den Ausstellungsräumen.

Workshop für Anfänger und Fortgeschrittene

Das „Q1“ ist ein Kooperationsprojekt der Evangelischen Kirchengemeinde Bochum und dem Verein Ifak.

Am 14./15. November findet dort ein Bildhauerei-Workshop für Anfänger und Fortgeschrittene mit Dorothee Schäfer statt. Kosten: 135 Euro. Anmeldung: info@dorothee-schaefer.de oder Tel. 0173/ 5 73 93 92.

Die Bildhauerei sei ein Gegenpol zu den digitalen Datenströmen und virtuellen Bildmöglichkeiten der heutigen Zeit, sagt Reinhard Buskies vom Kunstverein Bochum. „Und vielleicht bleibt die Skulptur gerade deshalb für uns so interessant.“ Angesichts der allgegenwärtigen Touchscreens und anderer Bildflächen spricht Buskies – ohne dies abfällig zu meinen – von einer „Verflächigung der Wirklichkeit“. „Dagegen ist die Skulptur konkret, greifbar.“ Auch in ihrer abstrakten Form. Einige Werke Schäfers zeugen vom kraftvollen, energischen Eingriff einer Flexmaschine. Die zerbrechlich wirkenden Gipsskulpturen daneben zeigen uns laut Buskies, „wie gefährdet die menschliche Existenz ist.“

„Die Bildhauerei ist ein Metier, für das man spezielle Orte braucht“, sagt die in Wattenscheid geborene Künstlerin, die in den 1990er-Jahren in einem Steinbruch bei Michelnau lebte. „Die Arbeit ist laut und staubig und man braucht Platz.“ Einen solchen Ort hat sie in ihrer neuen Residenz gefunden. „Abends ist es hier ganz still, tagsüber herrscht Trubel. Aber ich mag die Nähe zu Menschen. Sie ist mein Arbeitsmotor.“ Schäfer weiß genau, wann die Deutschkurse, die jeden Tag im Q1 stattfinden, Pause machen. „Dann schmeiße ich schnell meine Maschinen an.“