Hamme. . Martin Theis baut Stühle, Tische und Regale aus Ästen und Zweigen. Im Theater der Gezeiten soll das kleinste Museum Bochums entstehen.

Eine Menge Holz hat Martin Theis aus seiner Heimatstadt Windeck mitgebracht. „Zwanzig Jahre lang habe ich Äste, Zweige und Wurzeln gesammelt. Inzwischen habe ich ein riesiges Lager“, schildert der 53-jährige Forstwirt. Vor sieben Jahren fing er an, Möbel aus seinen Fundstücken herzustellen. Einige Stühle, Tische, Regale – in einem filigran-waidmännischen Stil – präsentierte er im Rahmen des Festivals n.a.t.u.r.

„In jedem Möbelstück stecken sieben oder acht verschiedene Holzarten“, erklärt Theis. „Dies hier sind Weinreben aus dem Roussillon.“ Er zeigt auf die knollig-verschnörkelten Füße eines Lehnstuhls. In die Lehne ist ein geölter Zedernzapfen eingearbeitet. „Meistens verstecke ich einen kleinen Stein oder eine Nuss. Das ist mein Erkennungszeichen.“

Im neuen Theater der Gezeiten an der Schmechtingstraße 38 baute Theis Stühle, Tische und Regale auf und durfte nach Belieben sortieren. „Hier ist alles noch im Aufbau“, sagt Giampiero Piria. Die Theatersaison beginnt gerade erst. Es gibt einen Bühnenraum und einen zweiten Raum, der mal als Ausstellungsfläche, mal als Foyer fungiert und in Zukunft ein Café werden könnte. „Ein offener Ort für Kreative und Besucher.“

Eigenwillige Ästhetik

Piria startete sein Bühnenprogramm mit einem szenisch-literarischen Trip durch die Dichtung des Arthur Rimbaud und setzt es in Kürze mit dem Stück „Kafka Eigentümlich“ fort. Beim Verweilen blicken die Besucher auf Skulpturen und Überreste vergangener Ausstellungen, Theateraccessoires und eine prächtige alte Schrankwand aus einem Kurzwarenladen. In den 48 kleinen Schubkästen soll einmal „das kleinste Museum Bochums“ entstehen, betont Piria. „Jedes Kästchen soll von einem anderen Künstler bestückt werden. Einige sind schon vermietet.“ Die Idee erinnert an Orhan Pamuks „Museum der Unschuld“ in Istanbul, wo Kästchen voller Knöpfe, Kleider, Eintrittskarten, Lippenstifte ausgestellt sind. Fundstücke persönlicher Erinnerungen.

Neues Kafka-Programm startet am 22. Oktober

Das Theater der Gezeiten wurde 1995 unter der künstlerischen Leitung von Benno Boudgoust gegründet. Auf der Seite www.theater-der-gezeiten.de finden sich weitere Infos.

Das Stück „Kafka Eigentümlich“ von und mit Giampiero Piria (Musik: Daniel Brandl) feiert am 22. Oktober um 20 Uhr Premiere.

Martin Theis baute aus zahllosen seiner Fundstücke, mit denen er persönliche Erinnerungen verbindet, Armlehnen, Stuhlbeine, Tischfüße. Manchmal dauere es ein halbes Jahr, bis ein Möbelstück fertig ist. Erst legt er die Fundstücke wie ein Skelett zusammen, entwickelt Ideen, macht Bleistiftzeichnungen, bindet einzelne Teile mit einer Kordel zusammen, bevor er sie schließlich auf Druck verleimt. Das hält? „Natürlich“, sagt Theis. „Es gibt für jeden den richtigen Stuhl.“ Hinter der eigenwilligen Ästhetik stecke ein persönliches Anliegen: „Vieles, was in Wald und Flur liegt, kann man künstlerisch verwerten.“