Südwest. Projektgruppe der TKS untersucht das Leben der jüdischen Familien in Linden zur Zeit der NS-Gewaltherrschaft

Im November des letzten Jahres entstand bei den Naturfreunden Linden-Dahlhausen und der Lindener SPD eine Idee, die jetzt in eine sehr konkrete Phase geht: Damals stellte Pfarrer i.R. Dr. Manfred Keller sein Buch „So viel Aufbruch war nie“ zur Entwicklung jüdischer Gemeinden in unserer Region vor. In der Diskussion wurde lebhaft nach dem Schicksal jüdischer Bürger in Linden und Dahlhausen in der Zeit der NS-Gewaltherrschaft gefragt.

Jochen Hopmann von den Naturfreunden, Bezirksvertreter Marc Gräf und Marco Versen hatten die Idee, junge Menschen in unseren Stadtteilen bewusst an dieses Thema heranzuführen. Es bot sich an, die Theodor-Körner-Schule mit ihrem großen Angebot an Arbeitskreisen und Projektgruppen dafür anzusprechen. Der Leiter der TKS, Bernhard Arens, selbst Lindener, zeigte sich sehr aufgeschlossen für das Anliegen. An der Schule bildete sich unter Leitung der Studienrätin Yvonne Plonka ein Projektkurs der Jahrgangsstufen 11 und 12, der dieses Thema erarbeiten will.

Das kam schon in einem ersten Kontaktgespräch im November zum Ausdruck, an dem sich auch der Bochumer Archivar Andreas Halwer beteiligte. Seinen Bemühungen ist es zu verdanken, dass die Namen von 77 vor 1933 in Linden wohnenden Juden zusammen getragen werden konnten. Auch Thomas Weiß, der Leiter der Hattinger Archivars, ist an der Geschichtsfindung maßgeblich beteiligt, da die in Linden und Dahlhausen lebenden jüdischen Mitbürger damals zur jüdischen Gemeinde Hattingen gehörten.

Jetzt traf sich der Projektkurs mit Leiterin Yvonne Plonka im Naturfreunde-Treff, um mit Jochen Hopmann und Marc Gräf erste Erfahrungen auszutauschen und ihre Überlegungen für die weitere Arbeit zu diskutieren. Neben den Archivaren Andreas Halwer (Bochum) und Thomas Weiß (Hattingen) sollen man als besonderer Kenner der lokalen jüdischen Geschichte auch Dr. Hubert Schneider und Dr. Manfred Keller als Gesprächspartner gewonnen werden. In der Projektgruppe haben sich fünf Kleingruppen gebildet, die Schwerpunkte für ihre Arbeit gesetzt haben. Die Gruppen treffen sich zweimal monatlich zum Gedankenaustausch.

Das Gespräch machte deutlich, dass die Projektgruppe in die ganze Tiefe der damaligen Zeit eindringen will. Da geht es neben den jüdischen Mitbürgern, ihren Familien und ihren Geschäften sowie ihrem Schicksal, ihrer Verhaftung und Verschleppung in die Vernichtungslager, ihrer möglichen Flucht und ihren Zeichen, die sie nach 1945 setzten, auch um das Gespräch mit Nachfahren und auch Zeitzeugen, die sich an die damals schreckliche Zeit noch erinnern können, auch an die „Nichtarier“. Damit sind die polnischen und russischen Zwangsarbeiter gemeint, die zur Arbeit in Linden-Dahlhauser Betrieben gezwungen wurden. Aber auch die Frage nach den damaligen Tätern, die in der Pogromnacht die Scheiben der jüdischen Geschäfte zertrümmerten, soll gestellt werden. Darf man ihre Namen nennen? Diese Frage wurde eher verneint. Auch die Geschichte des jüdischen Friedhofes in Hattingen soll in die Arbeit der Gruppe mit einfließen. Welche Spuren findet man dort? Auch der Begriff „Antisemitismus“ soll in die Überlegungen mit einfließen. Eine Gruppe will auch einen intensiven Blick in das Gedenkbuch von Yad Vashem tun. Dort werden mit dem Geburtsort Linden noch einige der hier lebenden Juden genannt. Man möchte sich dabei auch an Sabine Krämer wenden, die dabei ist, die Geschichte der Lindener Juden weiter zu erforschen.