Dahlhausen. In einer provokativen Kunstaktion hängten die Kunstschüler der TKS die Facebook-Fotos ihrer Mitschüler auf.
„Ihr hättet mich fragen müssen...“ war ein häufiger Kommentar der Schüler der TKS, als ihnen nach einer Nacht- und Nebelaktion des Grundkurses Kunst ihr Facebook-Foto in Überlebensgröße von Fenstern und Türen ihrer Schule entgegenblickte.
Christopher, Havanne, Jaqueline und Senamie aus der Jahrgangsstufe 13 entwickelten mit ihrer Lehrerin Annette Schulze Lohoff die Aktion, in der sie Mitschüler zum nachdenklichen Umgang mit sozialen Netzwerken anstoßen wollten. Als Abschlussarbeit ihrer künstlerischen Ausbildung durchforsteten die vier Facebook nach Fotos von Mitschülern, um sie auf auf eine Größe von 80 mal 60 Zentimeter zu kopieren.
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Die erstaunten Gesichter ihrer Mitschüler und prima Noten waren die Belohnung für die selbstkritischen, angehenden Abiturienten. Sie hatten sich bei ihrer Recherche zur Kunstaktion mit dem sozialen Netzwerk Facebook, dem sie selbstverständlich, wie viele andere junge Menschen angehören, auseinander gesetzt.
Ihnen war klar geworden, dass sie durch ihre Mitgliedschaft nicht nur zu den fast 18 Millionen Menschen in Deutschland gehören, die die große Facebook-Community bilden, sondern auch zur weltumspannenden Gemeinschaft von fast 700 Millionen Menschen. Facebook bietet viele Vorteile, aber es ist kein sicherer Hort für die Präsentation und Entfaltung der eigenen Individualität.
Es ist ein kommerzielles Unternehmen. Es bezieht seine Einnahmen vor allem aus dem Werbegeschäft, auch die privaten Bilder kann Facebook nutzen um Werbung zu machen. Wer Mitglied wird, tritt somit seine Rechte ab, alle Inhalte dürfen kommerziell verwendet und die Nutzungsrechte an Dritte weitergegeben werden. Der Umsatz 2010 wird auf rund 2 Milliarden Dollar geschätzt.
Bei all den sozialkritischen und aufklärerischen Ambitionen der Aktion – „Das vermeintlich Private öffentlich ge-macht“ – bleibt die Frage: Was hat das alles mit Kunst zu tun?
Die Schüler des Kunstkurses haben mit der Präsentation von über 130 Schülerbildnissen die Außenansicht der TKS ästhetisch verändert. Die monotone Fassade wurde zum Blickfang. Aus den Fensternischen und Türdurchblicken schauen durchweg freundliche Schülergesichter. Wie eine Ahnengalerie gehängt, erschienen dort, im Gegensatz zur Facebook-Präsentation namenlos, Gesichter von jungen Menschen. Eine holzschnittartige Schrift an den Eingangstüren forderte zur kritischen Reflexion auf: „Denk mal drüber nach“, darunter das unverkennbare Facebook-Logo, eine Faust mit einem nach oben gereckten Daumen, mit dem man als Nutzer seine Zustimmung oder Ablehnung zu Beiträgen kundtun kann.
„Kunst ist Gestaltung“, erklärt Schulze Lohof, „nicht nur von Bildern, sondern ein umfassendes Gestalten der Welt. Aktionskunst findet oft im öffentlichen Raum statt, und oft will sie natürlich provozieren, wie auch in diesem Fall.“ Die Gestalter der Aktion wollen deswegen nicht verschweigen, dass es auch Proteste gab. Das Telefon im Schulbüro klingelte mehrfach mit erbosten Anrufern.