Langendreer. . Marionettenbühne im Waldorfkindergarten sorgt für leuchtende Kinderaugen

Die Aufregung steigt. Bei vielen, vielen Kindern, die sich auf „König Drosselbart“ freuen. Vor allem aber bei den acht Senioren, die sich seit Wochen fieberhaft auf die Uraufführung dieses Marionettenspiels vorbereiten. Ein Stück pro Jahr studiert die Puppenbühne des Familienzentrums im Waldorfkindergarten ein und präsentiert es dann erstmals beim Adventsbasar der Rudolf-Steiner-Schule. So auch am kommenden Samstag, 1. Dezember.

Unter den Puppenspielern ist vor allem Helga Zumpfe vom Lampenfieber geplagt. „Ich denke immer, alles geht schief. Schrecklich“, sagt sie. „Und mit meiner Aufgeregtheit stecke ich alle an.“ Die 82-Jährige ist Puppenspielerin der ersten Stunde, achtete sie 1972 als Kindergärtnerin doch sehr darauf, dass beim Bau des Waldorfkindergartens auch an eine Puppenbühne gedacht wurde. Und diese kommt der Gruppe, die sich nach dem Grimm-Märchen „Allerleihrauh“ benannt hat, bis heute zugute.

Jeden Montag- und Dienstagvormittag kommen die Senioren – alle im Alter von 64 bis 86 – hier zusammen, um zu proben. „Wir sind ein richtiger Rentnerclub“, lacht Helga Zumpfe. „Aber das Puppenspiel hält uns jung.“ Oft werden sie schon an der Eingangstür von den Kindergartenkindern mit großen, leuchtenden Augen gefragt: „Spielt ihr heute wieder?“ Die Kleinen würden am liebsten jeden Tag das Publikum bilden.

„Hausbesuche“ mit der mobilen Puppenbühne

Doch das geht natürlich nicht. Schließlich gibt es auch noch viele andere Kindergärten, die die Puppenspieler mit ihren Marionetten beglücken möchten. Dazu laden sie gerne in ihren Raum in der ersten Etage des Waldorfkindergartens ein. Bis zu 100 Kinder finden hier einen Platz. Das Ensemble hat aber auch eine mobile Puppenbühne, mit der sie „Hausbesuche“ in den Kindergärten macht.

Verdienen wollen die Puppenspieler nichts

Verdienen wollen Helga Zumpfe und ihre Mitstreiter damit nichts. „Wir nehmen für unsere Auftritte kein Geld. Keinem Kind soll der Eintritt verwehrt bleiben, nur weil die Eltern ihn nicht bezahlen können“, erklärt sie. Spenden seien aber willkommen. Diese werden für die Instandhaltung der Bühne nebst Technik und der Marionetten benötigt. „Bei uns liegt alles in eigener Hand“, erzählt Zumpfe. „Auch die Puppen haben wir vor vielen Jahren selbst gebastelt.“

Hinter der Bühne ist es ganz schön eng

Das Miteinander hinter den Kulissen ist gar nicht so einfach. „Helga und ich verheddern uns mit den Fäden regelmäßig“, lacht Renate Knapp. Und wenn die Spieler nicht aufpassen, treten sie sich gegenseitig auf die Füße – so eng ist es hinter der Bühne. Ein Blick dorthin ist den Kindern übrigens nicht gestattet. „Wir wollen sie der Illusionen nicht berauben“, erklärt Erika Kaniss.

Die Kinder sitzen 45 Minuten lang mucksmäuschenstill vor der Bühne

Wie toll das Puppenspiel bei Kindern ankommt, verblüfft die Senioren immer wieder. „Da sitzen 100 Kinder 45 Minuten lang mucksmäuschenstill vor der Bühne“, ist Manfred Büsen, der „Hahn im Korb“, stets aufs Neue erstaunt über die Wirkung des Marionettentheaters. Dabei sind die Puppen – ganz bewusst – sehr schlicht gehalten. Sie haben auch keine Beine, sondern schweben über die Bühne. Und sie sprechen nicht; die Geschichte zu den Bewegungen auf der Bühne steuert ein Erzähler bei. Insgesamt eher unaufgeregt – aber vielleicht gerade deshalb so beliebt.