Langendreer. . Waldorfschüler und -lehrer werden zu Zauberern, Fakiren und Clowns

Aller Anfang ist schwer. Auch für Jonathan, der ein wenig unbeholfen in der Manege steht und sich von Florina Sperlich, Direktorin des Circus Sperlich, den Tüchertrick erklären lässt. Doch ihm stehen ja noch zwei Klassenkameradinnen zur Seite. Und nach ein paar Probedurchgängen sitzen die Handgriffe immer besser. Müssen sie auch, denn schon nach diesem einen Tag Üben steht heute die erste Vorstellung für die Mitschüler an. Und Kinder sind ja bekanntlich besonders kritisch.

Seit 20 Jahren bietet der Circus Sperlich – ein Familienunternehmen – spezielle Projekte an, in denen er sein Können weitergibt. In erster Linie an Schulen. So ist in dieser Woche die Rudolf-Steiner-Schule in Langendreer dran. Zum dritten Mal schon. Nachdem gestern viele Schüler und auch Lehrer angelernt worden sind, treten sie heute schulintern auf und trainieren in den nächsten Tagen dann gemeinsam mit den Sperlichs die anderen Schüler. Und die geben dann zum Wochenende hin vier Vorstellungen – als Zirkus Waldionelli.

Bis dahin ist viel zu tun. Die Auftritte müssen perfekt sitzen – von der ersten Verbeugung bis zum Abgang. Und deshalb geht Florina Sperlich die Sache auch energisch an. „Die Zauberei ist mit das Schwerste im Zirkusfach. Denn vor allem die Körpersprache entscheidet über viel oder wenig Applaus“, sagt sie mit strengem Ton den versammelten Neuntklässlern, die zu Beginn noch ein bisschen herumblödeln. Das ändert sich nach Florinas nächster Ansage: „Albern ist nicht lustig!“

Ablenkung ist alles

Hochkonzentriert geht die Gruppe unter der Zirkuskuppel weiter zu Werke. Jeder Schritt, jede Geste ist genau vorgegeben. „Wir müssen Lebensfreude ausstrahlen, das Publikum ansprechen“, sagt Florina Sperlich. Und: „Jeder Zuschauer muss alles sehen können.“ Na ja, fast alles. Denn mit welchen Tricks gezaubert wird, soll natürlich niemand mitbekommen. Und so werden die Nachwuchs-Zauberer auch darin geschult, das Publikum an entsprechender Stelle ein wenig abzulenken.

Schmerzhaftes Nagelbrett

Das hat die Fakirgruppe, die zeitgleich in der Turnhalle übt, nicht nötig. Zwar wird auch hier ein wenig getrickst, aber sonst ist alles echt. Und zum Teil auch schmerzhaft. Lehrer Falk Hoffmann kann ein Lied davon singen. Für das Aufmacherfoto legt er sich gleich mehrmals auf das Nagelbrett. „Tut schon ein bisschen weh“, sagt er. Mit der richtigen Technik gehe es einigermaßen. Langsam nach unten, mit geradem Rücken. „Aber wehe, man dreht sich zu Seite . . .“

Reinhold Marsollek, der Strippenzieher im Hintergrund, kennt das alles. „Vor 15 Jahren, als die Sperlichs zum ersten Mal hier waren, musste ich aufs Nagelbrett, Feuer schlucken und über Scherben gehen.“ Er lacht: „Jetzt kümmere ich mich lieber um die Organisation und überlasse den jüngeren Kollegen die Manege.“