Langendreer.

Achten Sie mal drauf: Rund um den Marktplatz im Zentrum von Langendreer sind die Ampel- und Laternenmasten dezent verschönert worden. Mit bunten Strickmanschetten, Luftmaschengirlanden und dicken Wollsträngen. Festgenäht darauf: Wollpuschel und Stricklieselschnecken.

An den Strickobjekten baumeln Pappschilder, die verraten, von wem die Straßenkunst stammt: Zum Beispiel von Max, 7 Jahre. Celina, 10 Jahre. Und Jakob, 6 Jahre. So steht es in Kinderschrift auf den Schildern. Auf der Rückseite der Visitenkarten prangt ein Stempel: „Offener Ganztag der Michael Ende Grundschule Bochum Langendreer. Awo Ruhr-Mitte.“

Hier im OGS-Gebäude sind die wolligen Kunstwerke entstanden. Im Rahmen der dreiwöchigen Kinderferienbetreuung, an der 17 Kinder aus den Klassen 1 bis 4 teilnahmen. Iris Markowski, Ferienbetreuerin der Kinder, hatte die Idee, eine „Guerillastrickaktion“ mit den Grundschülern durchzuführen.

Als Vermittlerin für diese Art der öffentlichen Handarbeitskunst hat Iris Markowski ihre Grundstücksnachbarin Rosemarie Kubsch gewinnen können. Kubsch ist, obwohl erst seit Ende 2011 unter die aktiven Guerillastrickerinnen gegangen, bereits sehr erfahren in diesem Kunstmetier. Wenn sie in Langendreer mit dem Rad unterwegs ist, wird diese Tatsache jedem offenbar: Die 59-jährige Bochumerin hat ihr Fahrrad samt Klingel, sämtlichen Rahmenrohren und Schutzblech komplett in gelb-pink-orange Maschen gehüllt. Sogar durch die Speichen sind Strickschläuche „gewebt“.

Ehrensache für Kubsch, dass sie auch zu der OGS-Sommerferienaktion mit diesem Rad auf dem Schulhof vorfährt. Doch Kubsch zeigt den Kindern nicht nur ihr wolliges Rad, sondern bringt auch „Mützen“ für die Sitzsteine auf dem Schulhof mit, und „pflanzt“ Strickpilze auf dem Pausenhof. Die Kinder staunen – und gehen dann mit Feuereifer daran, selbst Strickaccessoires herzustellen.

Der sechsjährige Jakob häkelt beispielsweise vier Stunden lang an einer Luftmaschenkordel. Markowski: „Jakob hat immer wieder neu nachgemessen, und sich gefreut, als seine Kordel wuchs und wuchs.“ Sehr beliebt bei den Kindern sei auch die Kubsche „Strickmaschine“ gewesen, erzählt Markowski. Der besagte Apparillo funktioniert wie eine Strickliesel und wird mit einer Handkurbel betrieben. Zur Begeisterung der Kleinen kann die Maschine „drei Meter Strickschlauch in zehn Minuten“ produzieren. Nach drei Tagen Handarbeit ist es dann soweit: Es war genug Selbstgestricktes vorhanden, um auf „Verschönerungs-Exkursion“ durch Langendreer zu gehen. Ziel der Aktion: „Die Menschen zum Lächeln bringen.“

Das klappt auch ziemlich gut: „Kein Passant hat gefragt, was wir da machen“, so Betreuerin Markowski. „Die haben nur geguckt und gelächelt“. Warum auch böse blicken? Strickgraffiti beschädigt im Gegensatz zu gesprayter Graffiti kein öffentliches Eigentum und ist total legal.

Auch Rosemarie Kubsch hat bisher nur positive Resonanz erfahren, wenn sie ihre „Knitart“-Objekte zusammen im öffentlichen Raum platzierte. „Die Nachbarn freuen und bedankten sich, wenn wir ihnen Stricksteine ins Beet gelegt haben!“ Sogar Ehemann Walter Kubsch (64) hat sich allmählich für die Maschenkunst begeistern können und greift inzwischen selbst zu den Stricknadeln.

Das Ehepaar macht es sich zur Angewohnheit, an Urlaubsorten kleine Stricksouvenirs zu hinterlassen. „In Holland haben wir Zaunstäbe umstrickt, und an der Mosel haben wir eingestrickte, bunte Steine zurück gelassen“, berichtet Rosemarie Kubsch lächelnd.

Kinder können sich täglich an ihrer Strickkunst erfreuen

Die Kinder, die ihre Strickkunst im eigenen Stadtteil und in ihrem Wohnviertel angebracht haben, können sich täglich auf dem Schulweg erneut an ihren Werken erfreuen. Und was noch besser ist: „Wir können unseren Eltern zeigen, was wir gestrickt haben, wenn wir unterwegs in Langendreer sind“, zeigen sich die Kinder begeistert.