Ost. . In seiner neuen Schrift „Langendreer und Werne unterm Hakenkreuz“ widmet sich Günter Gleising dem dunkelsten Kapitel der Bochumer Geschichte
Die leider regelmäßig wiederkehrenden Schmierereien von Neonazis in Langendreer haben ihn ärgerlich gemacht und gewiss auch ein wenig angespornt: Günter Gleising, für die Soziale Liste im Rathaus aktiv, hat in seinem kleinen Ruhr-Echo-Verlag ein Heft heraus gegeben, das es in dieser Form noch nicht gab.
„Langendreer und Werne unterm Hakenkreuz“ beleuchtet die dunklen Jahre des Naziterrors im Bochumer Osten zwischen 1933 und 1945. Auf rund 60 Seiten erzählt er eindringlich von Widerstand, Verfolgung und Krieg. „Ich fand, diese Schrift ist notwendig, damit die Erinnerung an diese schreckliche Zeit nicht verblasst“, meint der 61-jährige Gleising.
Faschismus und Widerstand seien zwar untersucht, aber noch nie konkret auf die Ortsteile Langendreer und Werne übertragen worden. „Dabei ist es wichtig, sich tiefer mit diesem Teil der Lokalgeschichte zu beschäftigen“, meint er.
Das Material für sein Heft fand Günter Gleising teils in Gesprächen mit Zeitzeugen, die er geführt hat, und teils bei Recherchen im Stadtarchiv. Die Orte des Naziterrors hat er ebenso dokumentiert und mit Fotos belegt wie das Leben von Tätern und Opfern – nicht nur für Historiker interessant.
Üble Hetzjagden
Dabei ist Gleising aufgefallen, dass es den Nationalsozialisten in ihrer Frühzeit relativ schwer gefallen sei, in Langendreer Fuß zu fassen. „Der Bochumer Osten verfügte über eine gut ausgeprägte Arbeiterbewegung, die es den Nazis zunächst nicht leicht machte“, sagt er. Erst gegen Ende der 1920-er Jahre sei es der NSDAP gelungen, auch Langendreer einzunehmen – meist mittels übler Hetzjagden.
„Sie setzten immer mehr auf Gewalt und Terror, gingen gegen jüdische Bürger vor oder überfielen eine Wahlveranstaltung der SPD.“ Im Kaisersaal am Alten Bahnhof hätten im Jahr 1928 SA-Trupps aus der ganzen Region die Teilnehmer jener SPD-Versammlung überfallen und sich später damit gerühmt, eine „schwere Schlägerei“ vom Zaun gebrochen zu haben. Der Grundstein für den Naziterror war gelegt.
Zwei Lebensläufe
Gleising führt in seinem Heft die Orte des Grauens genau auf, seine Quellen schreibt er direkt dazu. Die ehemalige Ziegelei Nieder-Westermann im Ortsteil Kaltehardt diente den Nationalsozialisten als SA-Kaserne. An der Straße „Auf den Holln“ gab es eine Bombenfabrik. Heute stehen dort Reihenhäuser.
Am Ende seines Bandes, der auch im Geschichtsunterricht Verwendung finden dürfte, stellt Gleising zwei Lebensläufe gegenüber. Paul Nieder-Westermann galt als strammer Nazi, Robert Schreiber hingegen als bekennender Antifaschist. Der eine wurde 1948 zu milden zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und starb 1957 in Harpen. Der andere kandidierte noch 1975 bei der Kommunalwahl für die DKP und starb vier Jahre später in Bochum. Nicht schwer zu erraten, für wen Günter Gleisings Herz schlägt.
Günter Gleising: Langendreer und Werne unterm Hakenkreuz. Ruhr-Echo-Verlag, 62 Seiten, 7,80 Euro. ISBN 978-3-931999-18-6