Langendreer. Nach über 42 Jahren schließen Hildegard und Wolfgang Lohfink ihr Schreibwarengeschäft am Alten Bahnhof

Bis zum Samstagmittag war bei Hildegard und Wolfgang Lohfink noch keine Träne geflossen und die Stimmung war überwiegend heiter. Dafür hatten schon in den frühen Morgenstunden einige Kunden „Wasser in den Augen“: Die Lohfinks, eine Institution am Alten Bahnhof, die über 42 Jahre Schreib- und Tabakwaren , Zigaretten, Geschenkartikel und Bücher anboten, machten am 28. Januar faktisch „den Letzten“. Am heutigen Dienstag ist offiziell Schluss – und ganz viele Bürger bedauern das sehr.

„Wo sollen wir denn jetzt mal ein paar Worte quatschen“, fragt der eine, „und wen frage ich jetzt um Rat, wenn ich Sorgen habe“, der andere. Am betroffensten aber ist sicher die fast 90-jährige Dame, die Wolfgang Lohfink noch jede Woche persönlich besuchte und mit Zeitungen versorgte. „Die hat richtig gelitten“, sagt er, „aber ich weiß wirklich nicht, ob sie wirklich verstanden hat, dass ich jetzt nicht mehr komme.“

In das Geschäft, das im November 1915 von Hildegard Lohfinks Mutter Maria Griebling gegründet wurde und 2011 also schon 96 Jahre bestand, stieg Lohfink 1968, schon vor seiner Ehe, ein. Im September 1969 schließlich heirateten die beiden und übernahmen dann das Geschäft am 1. Januar 1970. „Sehr viele Jahre haben wir Schulen mit Büchern versorgt“, erinnert sich Wolfgang. An die Neggenbornschule, die bis zuletzt zu den Kunden zählte, gingen nun viele der restlichen Hefte, Blocks und Schreiber.

„Einen Nachfolger konnten wir leider nicht finden“, sagt ein gefasster Wolfgang Lohfink. „So früh aufstehen will keiner mehr.“ Also rückte schon am Samstag ein Trupp an, der die Ladeneinrichtung komplett übernehmen wollte. „Es wäre furchtbar gewesen“, sagt Hildegard, „wenn wir das alles auf den Müll hätten werfen müssen. Glücklicherweise haben wir einen Liebhaber gefunden, der die Möbel noch nutzen will.“

Kinder, die als Nachfolger zumindest in Frage kommen, auch wenn sie oft keine Lust haben, den „Alten“ nachzufolgen, haben die Lohfinks nicht. „Wir hätten gern welche gehabt“, erzählt die scheidende Inhaberin, „aber die wären arm dran gewesen, weil wir ja nie Zeit hatten.“ Deshalb sei Nachwuchs trotz des Wunsches nie in Frage gekommen.

Es hat ja in all den Jahren gerade einmal für höchstens 15 Wochen Urlaub gereicht. Der letzte liegt 17 Jahre zurück. „Das waren drei Tage Hamburg“, erinnert sich Wolfgang, „die wir bei einem Verlegerwettbewerb gewonnen hatten.“ Wenn es möglich gewesen wäre, hätte damals jemand anders die Reise angetreten. Aber das machte der Springer-Verlag nicht mit. „Also sind wir gefahren. Und es war auch sehr schön.“

Jetzt wollen die beiden Ruheständler, die nur acht Minuten Fußweg vom Laden entfernt wohnen, tatsächlich auch einmal richtig Urlaub machen. „Obwohl wir erst im Lexikon nachschauen müssen, wie das geht“, scherzt Wolfgang. „Zur Nordsee, nochmal nach Hamburg oder Tagestouren“, sind die bescheidenen Ziele neben „Ruhe, lange schlafen und langsam gehen lassen.“