Langendreer. Bildhauerin Lisa Peterkord hat in einem leerstehenden Geschäftslokal ihre Galerie „Innenräume - Lebensräume“ eröffnet

Jetzt ist sie also „am Alten Bahnhof gelandet“: Die Langendreerer Bildhauerin Lisa Peterkord eröffnete an der Alten Bahnhofstraße 190 ihren Ausstellungsraum „Innenräume – Lebensräume“. Viele Besucher wünschten ihr - mit oder ohne Blumenstrauß - Glück auf den Weg. Auch wenn allen von vornherein klar ist, dass der Blick durchs Schaufenster schon bald wieder ein anderes Bild bieten könnte.

Die Künstlerin hat nämlich ein leer stehendes Ladenlokal angemietet. Dies hatte sie im Dorf schon einmal getan, war zwei Jahre gegenüber der Christuskirche heimisch. „Ich bin mit dem Notizblock über den Alten Bahnhof gezogen“, sagt sie, „und habe mir die Leerstände notiert und dann die Besitzer der Immobilien angesprochen.“

Sie hatte sechs mögliche Ladenlokale auf dem Zettel - und kurzfristig zwei klare Absagen. Ein interessierter Vermieter ermöglichte ihr allerdings die zwischenzeitliche Nutzung. Nun hat sie einen echten Mietvertrag in der Tasche, der den „Langendreerern etwas schenkt“: Passanten schauen nicht auf ein verklebtes Schaufenster sondern sehen Peterkords wunderbare Holzskulpturen.

„Ich biete hier etwas an“, sagt die Künstlerin, „und der Betrachter ist aufgerufen, etwas dazu zu sagen.“ Hier soll es keine Events geben, sondern den friedlichen Rahmen – möglicherweise auch für Gruppen oder Gesprächskreise. Dass die Bildhauerin dem Stadtteil etwas gibt, haben auch die Vertreter der Werbegemeinschaft Alter Bahnhof erkannt. Sie waren zahlreich erschienen, um zu gratulieren und selbst zu schauen.

Peterkord arbeitet vorwiegend mit Holz, vor allem mit Findlingen aus dem Wald, die sie behutsam bearbeitet und dabei das Wesen des jeweiligen Stücks entwickelt und sichtbar macht. Viele Beispiele ihrer Arbeit sind in der neuen Ausstellung zu bewundern. Dazu gibt es in der Regel auch eine ganz individuelle Geschichte.

Das Zeichnen ist ganz sicher nicht das Hauptthema der Künstlerin, aber in der linken, hinteren Ecke ihres neuen Ausstellungsraums hängen eine Reihe großformatiger Zeichnungen, die mit den gezeigten Gesichtern verschiedene Stimmungen ausdrücken. „In einem verregneten Nordseeurlaub“, erzählt sie, „saß ich öfter in einem Glascafé und habe auf das Wattenmeer geschaut. Die Bilder spiegeln die Emotionen dieser Tage, den Wandel und die spannenden Veränderungen im Watt.“

Das Anmieten leer stehender Geschäftslokale war schon bei der Schlussbesprechung zur Langendreerer Kulturmeile 2010 thematisiert worden. Insofern ist Lisa Peterkord die Pionierin auf einem Weg, der den Ortsteil aufwerten könnte, falls andere Künstler sich ebenfalls dazu entschließen könnten, Leerstände vorübergehend mit Kunst zu verschönern. Es ergibt sich eine Win-Win-Situation: Der Vermieter kann ein so genutztes Ladenlokal sicher besser vermieten, als wenn er dem Interessenten leere Räume zeigen müsste.

Die agile Mittfünfzigerin verwirklicht auch noch andere Ideen: In ihrer alten Heimat, im Münsterland, plant sie einen Skulpturenwald. „Üblicherweise bleiben meine Fundstücke nach der Bearbeitung im Innenraum“, sagt sie. Draußen würden sie ja verwittern. „Im Skulpturenwald jedoch werden sie wieder vergänglich.“ Dies drücke sich auch in den Werktiteln aus wie z.B. „in Würde altern“ oder „in Gedenken an“.

„Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt.“ Dieses Zitat von Khalil Gilbran passt wunderbar, um auch das Schaffen von Lisa Peterkord zu beschreiben. Lediglich die nächsten Worte Gilbrans passen nicht mehr. „Wir fällen sie nieder und verwandeln sie in Papier, um unsere Leere zu dokumentieren.“ Peterkord verlängert mit ihrer Arbeit die Geltungsdauer und verändert behutsam den Sinn dieser hölzernen Gedichte, indem sie „Unsichtbares sichtbar werden“ lässt.