Langendreer. Vor 20 Jahren war Inge Bröckelmann eine der ersten „Grünen Damen“ im Knappschaftskrankenhaus.
„Bei unserer ersten Begegnung wurde sie in den OP gefahren. Sie blickte mich mit aufgerissenen Augen an. Ich nahm ihre Hand und sagte „Sie sind nicht allein“. Wie mir die Patientin später erzählte, hatten ihr meine wenigen Worte ausgereicht, die Angst vor dem Eingriff zu nehmen“, berichtet Inge Bröckelmann von ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Dienstälteste Grüne Dame im Universitätsklinikum Knappschaftskrankenhaus. Vor genau zwanzig Jahren gründete sie die ökumenische Krankenhaushilfe in Langendreer mit. Nun wurde mit einem Festgottesdienst im hauseigenen „Raum der Stille“ das Jubiläum gefeiert – Zeit zurück zu blicken.
Angefangen hatte alles mit einer Idee. Bei einer gemeinsamen Weihnachtsfeier von Klinikleitung und den Bochumer Seelsorgern, zu der sie ihren als Pastor tätigen Mann begleitete, bekam sie die Möglichkeit, ihren Vorschlag mit der Initiierung der Grünen Damen am Knappschaftskrankenhaus vorzustellen. Erfolgreich. Seitdem investiert sie wöchentlich mindestens drei Stunden in ihr Ehrenamt. Anfängliche Unsicherheiten wie „Was erwartet mich hinter dieser Tür?“ oder „Schmeißt man mich raus?“ hat sie schon lange abgelegt, wenn sie auf ihrer Station von Tür zu Tür geht, anklopft und den Patienten Gespräche oder kleine Hilfen wie das Aufladen der Telefonkarte, die Organisation eines Buchs aus der Bibliothek oder den Kauf einer Zeitung in der Cafeteria anbietet. Der Hauptbestandteil ihrer Arbeit aber ist bis heute das Zwischenmenschliche.
„Manchmal reicht es schon, wenn man jemanden in den Arm nimmt“, sagt sie und fügt hinzu: „Diese Nähe ist natürlich nicht immer angebracht. Doch über die Jahre hinweg entwickelt man dafür ein Gespür“. Das braucht sie auch, um souverän brenzlige Situationen zu managen. Das Alter und die damit verbundene Erfahrung kommen ihr dabei stets zugute.
Bröckelmann erinnert sich an einen jungen Mann, der sich durch einen Sprung aus dem Fenster das Leben nehmen wollte und dann im Krankenhaus als Behinderter wieder aufwachte. In solchen Situationen ist ein behutsamer Umgang gefragt. Auch wenn die Grünen Damen ihren christlichen Glauben eher im Hintergrund halten, haben sie bei der Erklärung dieses Schicksals „mit dem lieben Gott geliebäugelt“. Trost spendeten dem jungen Mann die Worte: „Der Herr hat wohl anderes mit Ihnen vor. Im Himmel wollte er Sie noch nicht, doch hier unten sollen Sie erfahren: Ich weiß um Dich und bin dir nah“.
Ein anderes Mal wurde Inge Bröckelmann um aktive Sterbehilfe gebeten. Ein Mann, der eine schwere Operation relativ gut überstanden hatte, verlangte, dass sie ihm eine Hand voll Tabletten besorge. Solche Geschichten prallen nicht einfach an ihr ab, die nimmt sie mit nach Hause. Dort hat sie das Glück, mit ihrem Gatten Helwig den Seelsorger gleich parat zu haben. Ihren 20 Kolleginnen und einem Kollegen hingegen stehen die beiden Krankenhausseelsorger zur Seite. Alleingelassen wird hier niemand.
Zu Beginn ihrer Tätigkeit erhalten Ehrenamtliche bereits ein intensives Gesprächsführungsseminar und treffen sich danach einmal im Monat zum gegenseitigen Austausch. Daraus ist ein guter Zusammenhalt gewachsen. „Jeder ist für jeden da“, freut sich die Grüne Dame, die seit ihrem Umzug ins Sauerland vor fünf Jahren sogar jede Woche den weiten Weg nach Bochum in Kauf nimmt. Für sie ist die Arbeit im Krankenhaus eben eine Bereicherung. Gleichzeitig ist sie eine Bereicherung für das Universitätsklinikum und dessen Patientinnen und Patienten– seit nunmehr 20 Jahren.