Werne. Zehnte Traditionsveranstaltung des Artillerievereins Werne lockt gut begeisterte 60 Besucher an. Doch jedes Jahr hagelt es auch Beschwerden

Erst ein satter Knall. Dann folgt eine gelbrote Stichflamme aus dem Standrohr des Böllers. Der Artillerieverein Bochum-Werne eröffnet im Werner Park sein Silvester-Schießen. Neun weitere Schüsse folgen aus dem Stahlrohr. Über der Wiese bildet sich eine schwarze Qualmwolke. Es riecht nach Schwarzpulver.

Schießwart Volker Neuhoff vom Artillerieverein bereitet fachmännisch die Explosion eines Böllers vor.
Schießwart Volker Neuhoff vom Artillerieverein bereitet fachmännisch die Explosion eines Böllers vor. © Klaus Pollkläsener

Gut 60 Besucher verfolgen aus sicherer Entfernung aufmerksam das traditionelle Schauspiel, das inzwischen seit zehn Jahren stattfindet. Die Hobbyartilleristen erhalten am Ende kräftigen Beifall für ihr ungewöhnliches Hobby. Werner Zalisz ist richtig begeistert. „Ich komme jedes Jahr und es ist immer wieder schön“, lacht der Senior. „Für mich gehört dieses Schießen einfach zu Silvester dazu.“

Angetan von dem lautstarken Angebot, das weithin zu hören ist, sind auch Julia Wackerzapp und Riitta Ziesak. „Ich finde das schön“, erklärt Wackerzapp, die zum vierten Mal mit ihrer Familie da ist. Stimmungsvoller sei es jedoch, wenn die Böller in Salven schössen, so die Mutter weiter. 2013 erlebte sie das im Langendreerer Volkspark, als das Ordnungsamt 18 Salutschüsse erlaubt hatte.

Auch der Nachwuchs darf mal böllern

Ziesak findet zudem die gemütliche Atmosphäre im Park schön. „Das ist etwa anderes als bei uns im Baumarkt vor zwei Tagen, wo sich viele Leute zur Vorführung der Raketenbatterien drängten“, so die Seniorin. Carla (10) findet wiederum den satten Knall bei jedem Schuss gut. „Vor allem, wenn der Boden so wackelt, ist es lustig“, schmunzelt as Mädchen. Während Schießwart Volker Neuhoff zusammen mit Ulrich Lechleuter und Thomas Findel das Rohr zwischen den Schüssen mit 144 Gramm Schwarzpulver sowie einer Granulatschicht belädt, zündet sie an den Fackeln rund um die Sicherheitszone mit ihren Freundinnen Wunderkerzen an.

Bereits im 19. Jahrhundert gegründet

Seit dem Jahreswechsel 2007/2008 gibt es das Silvesterböllern im Werner Park (zwischenzeitlich fand es im Volkspark Langendreer statt). Der Artillerieverein Bochum-Werne gründete sich 2007 neu. Er steht in der Traditionsnachfolge des in den 1920er Jahren aufgelösten Artillerievereins Werne.

Dieser hatte sich nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 im damals eigenständigen Werne gegründet. Laut einem alten Vereinsregister bestand er aus Reservisten der kaiserlichen Artillerie.

Der Artillerie-Verein ist immer auf der Suche nach historischen Unterlagen sowie weiteren Gelegenheiten zum Böllern. Kontakt: Artillerieverein Werne auf Facebook oder info@artillerieverein-werne.de .

Der Höhepunkt des Abends für die Schülerin der vierten Klasse sowie für Clara, Finja, Marlene und Mattes folgt noch: alle dürfen unter strenger Aufsicht von Neuhoff selbst einen Schuss per elektrischem Fernzünder auslösen. Rumms macht es und zaubert den Kindern ein Lachen ins Gesicht. Der junge Erwachsene Kai Rüppel darf den letzten Böller zünden.

Volker Neuhoff vom Artillerieverein ist am Ende auch sehr zufrieden. „Es war wieder gesellig und ein gutes Gemeinschaftserlebnis hier im Park“, erklärt der Hobbyartillerist zu dieser Form der Traditionspflege. Diese steht inzwischen als Teil des Deutschen Schützenwesens unter dem Schutz der Unesco. Denn sie ist ein immaterielles Kulturerbe. Schade sei jedoch, so Neuhoff weiter, dass es immer wieder anschließend Beschwerden von Bürgern über Lärmbelastung gebe. „Dabei kündigen wir unser Schießen immer öffentlich an und sichern das Gelände gut ab. Wir haben auch stets eine Genehmigung des Ordnungs- und des Umweltamtes.“

Grundsatz: Nie in der Nähe eines Flüchtlingsheimes

Eins würde der Lehrer nie machen: In der Nähe eines Flüchtlingsheimes schießen. „In meinem Schulalltag erlebe ich derzeit Jugendliche aus Syrien, die mit ihren Kriegserfahrungen zu uns gekommen sind. Da möchte ich kein weiteres Trauma hinzufügen.“