Langendreer.. Unter diesem Motto fand ein Straßenfest am Wiebuschweg in Langendreer statt. Die Probleme zwischen Flüchtlingen und Nachbarn sind damit aber nicht gelöst.


Zum Straßenfest am Wiebuschfest kam auch Clown Pauli und bezauberte mit roten Nasen, bunten Tüchern Groß und Klein. Aber das mit dem Lachen ist hier so eine Sache. Viele im Publikum entkamen erst vor kurzem Krieg und Elend. Auch dem Ehepaar Sommer ist das Lachen vergangen. Sie wohnen am Wiebuschweg auf der sogenannten guten Seite: in den Häusern mit den frischen Fassaden für Menschen mit Bleiberecht. „Wir haben ja nichts gegen diese Leute“, sagt Ingo Sommer über seine Nachbarn gegenüber in den Wohnungen für Asylbewerber. „Aber es sind zu viele.“

Die Sommers sitzen verborgen hinter einer Hecke vor ihrem Haus. Von dem Fest bekommen sie nur die Geräuschkulisse mit. „Ach, auf diesen Lärm kommt es nun auch nicht mehr an“, schimpft Sommer. „Das haben wir hier jeden Tag. Mit der Ruhe ist es schon lange vorbei. Das können Sie sich ja vorstellen, wenn 100 Kinder hier jeden Tag auf der Straße sind. Die Erwachsenen sitzen auch oft vor dem Haus. Und die Straßen sind voller Müll.“

Müll-Problem inzwischen im Griff

Mit großem Eifer versuchten sich die Kinder im Kistenstapeln.
Mit großem Eifer versuchten sich die Kinder im Kistenstapeln. © Funke Foto Services | Funke Foto Services






„Für die Nachbarschaft ist das manchmal nicht lustig, das verstehe ich“, sagt Jutta Stratmann. Die ehemalige Programmiererin hilft am Wiebuschweg bei Deutschkursen und bei der Hausaufgabenbetreuung – und kennt jedes Kind im Haus. „Das ist manchmal schwieriger als einen Sack Flöhe zu hüten. Einige sind traumatisiert. Aber wir schaffen auch einiges. Diese Aufgabe hat mich sofort begeistert.“

Ximena León trommelt wildfremde Menschen zum „Speed-Talking“ zusammen, bei dem im Zwei-Minuten-Takt die Gesprächspartner wechseln. Es gibt ein Bierkasten-Rennen, Trommeln, Würstchen. „Einiges hätte hier einfacher laufen können“, sagt Tine Bredendiek vom Netzwerk Flüchtlinge Langendreer. „Anfang des Jahres flogen Möbel, die nicht mehr gebraucht wurden, einfach aus dem Fenster. Das würde mich auch nerven. Aber es ist doch irre, dass diese Menschen nach allem, was sie hinter sich haben, hier mit uns leben und sogar lachen können. Schauen Sie mal, wie schick sich die meisten heute extra gemacht haben.“

212 Flüchtlinge leben in den Vivawest-Wohnungen


Das Straßenfest am Wiebuschweg war als Fest des Dialogs zwischen Anwohnern und Geflüchteten auf einer Bürgerversammlung im Juli einstimmig beschlossen worden.

In den Wohnungen der Vivawest am Wiebuschweg wohnen zurzeit 212 Geflüchtete.

Im Netzwerk Flüchtlinge Langendreer engagieren sich seit einem Jahr über 300 Ehrenamtliche.

Der Müll wurde radikal weniger, nachdem jemand die deutschsprachigen Wurfsendungen abbestellt hatte, die ohnehin kaum jemand im Haus lesen konnte und deshalb von Kindern als Spielbälle benutzt wurden. „Keiner malt hier eine heile Welt, natürlich sind nicht alle lieb und nett“, sagt Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche (SPD), die beim Fest die Getränke ausgibt. „Wenn Motorhauben zerkratzt werden und die Verursacher keine Versicherung haben, ist das ärgerlich. Meine Aufgabe sehe ich darin, zu vermitteln. Und einen Großteil der Nachbarn erlebe ich dabei als sehr konstruktiv.“ Nach einer Bürgerversammlung im Juli wurde ein Sicherheitsdienst eingesetzt, der für Ordnung und abends für Ruhe sorgt. „Mein Eindruck ist, dass das sehr gut klappt“, sagt Uwe Vorberg vom Bahnhof Langendreer.

Während des Festes bleiben in einigen Häusern der „guten“ Seite die Rollläden unten. „Eine Nachbarin brachte uns vorhin aber auch Salatbesteck“, freut sich Stratmann. Auf der Hüpfburg versucht der Spielmobil-Betreuer mit Händen und Füßen Ordnung in einen wilden Haufen Kinder zu bekommen. Clown Pauli kennt den Ernst hinter dem Spaß: „Diese Kinder haben auf der Flucht gelernt, die Ellenbogen auszufahren. Da wird auch mal gerempelt. Sie müssen erst lernen, auf ein normales Leben umzuschalten.“