Langendreer. Knappenverein St. Barbara Langendreer/Werne feiert 120-jähriges Bestehen. Geselligkeit steht im Mittelpunkt – bei der Feier und im Alltag.

Tausend Feuer sind erloschen. Der Steiger kommt nicht mehr. Doch sie sind noch da, die Knappen aus Werne und Langendreer, auch nach 120 Jahren. Solange ist es her, dass 13 Kumpel den Knappenverein St. Barbara gründeten. Jetzt feierte der Verein seinen runden Geburtstag im Gemeindehaus St. Marien – mit einem Überraschungsgast.

In voller Montur marschierten die ehemaligen Bergleute ein, mit Schachthut, Häckel und den drei Vereinsfahnen. „Ich lebe für meine Tradition – da bin ich sehr stolz drauf“, sagte Wolfgang Rostek. Er war 30 Jahre lang Steiger, nun ist er der Vorsitzende der Knappen. Für die Tradition leben, das bedeutet für Knappenvereine: überleben. Die Mitglieder altern, Nachwuchs gibt es nicht.

Passend zur 120-Jahr-Feier wurde eine Schaufensterpuppe in Bergmannskluft auf der Bühne drapiert.
Passend zur 120-Jahr-Feier wurde eine Schaufensterpuppe in Bergmannskluft auf der Bühne drapiert. © FUNKE Foto Services

Das sprach auch Pastor Michael Kemper in seiner Rede an: „Es geht Ihnen ähnlich wie anderen Vereinen.“ Er erinnerte auch an seine eigenen Erfahrungen als Gottesmann im Bergwerk – damals eine Pflicht für angehende Pastoren. „Da habe ich etwas Wichtiges gelernt: Kohle ist nicht dreckig, sondern schwarz“, erinnerte er sich. „Das Wort dreckig wird diesem Schatz nicht gerecht.“

Nach den Grußworten marschierte die zweite Hälfte des Vereins ein – nicht in Bergmanns-Ausrüstung, sondern mit Kaffeekannen und Wunderkerzen. „Kaffee marsch“, rief Wolfgang Rostek, und die Frauen des Vereins liefen, ebenfalls mit opulenter Musikbegleitung, an die Tische, schenkten Getränke ein und eröffneten das Buffet.

Überraschungsgast Rudy Cash

So scherzhaft wie das zunächst rüberkommt, ist das gar nicht gemeint: Die Frauen spielen eine wichtige Rolle für St. Barbara: „Das läuft so: Wir holen die Männer zum arbeiten, aber wir liefern die Ideen“, sagte Petra Rostek und lachte. Mit den elf anderen Damen des Festausschusses hat die Frau des Vorsitzenden die Feier auf die Beine gestellt. So gesehen, ist sie damit für das Kerngeschäft des Vereins heute zuständig. „Die Knappenvereine sind aus Armut geboren: Die Leute mussten sich ja untereinander helfen. Heute geht es mehr um Geselligkeit“, sagte Hans-Wilhelm Jaeger, Petra Ros-teks Vater und ebenfalls früher Bergmann.

Aus Armut entstanden, für Solidarität

Knappenvereine haben die Arbeiter damals zur gegenseitigen Unterstützung und Absicherung gegründet. Sie funktionierten als eine Art Sterbeversicherung. Die Knappen geleiteten ihre Kameraden zur letzten Ruhe und sicherten auch die Versorgung der Familie.

Heute widmet sich der Knappenverein St. Barbara der Gemeinschaftspflege, zum Beispiel durch Feiern und Ausflüge. Das Kümmern um Kameraden und deren Familie gehört aber nach wie vor zu den Kernaufgaben des Vereins, der am 3. Mai 1896 gegründet wurde.

Die Geselligkeit war damals ja auch eine Selbstverständlichkeit, zumindest in den Arbeitersiedlungen, in denen auch Jaeger seine Kinder großzog. „Früher gab’s noch keine Hecken, der Zusammenhalt war größer“, findet auch Petra Rostek. Gemeint ist der Zusammenhalt in der Nachbarschaft, der allgemeine Lebensstil im Revier – denn im Verein halten die Knappen immer noch zusammen. Und sie singen zusammen. Erst recht, wenn „der singende Bergmann“ Rudy Cash auf der Bühne steht, Überraschungsgast an diesem Abend. Als der Sänger mit dem Grubenhelm Arbeiterlieder anstimmte und der ganze Knappenverein mit einstimmte, hatte man den Eindruck, dass noch nicht alle 1000 Feuer erloschen sind. Zumindest nicht in den Herzen.