Langendreer. . Auf der 302/310-Baustelle gibt es manche Überraschungsfunde: von Starkstromleitungen über Gasrohre. Sogar alte Gewehre tauchten schon auf

Bis zum 11. Januar ruhen die Arbeiten auf den Baustellen im Ort, wo an der Erweiterung der Straßenbahnlinien 302 und 310, aber auch an den Versorgungsleitungen „gebastelt“ wird. Eine gute Möglichkeit zurückzuschauen, auf eine auch von Pleiten, Pech und Pannen geprägte Zeit, die letztlich dazu führte, dass die 302 erst ein Jahr später und die 310 gar erst zwei Jahre später als geplant durch Langendreer rollen sollen.

Volker Böhm, Projektleiter der Bogestra, holt tief Luft, bevor er über die Problemzonen der Straßenbahnbaustelle im Herzen von Langendreer spricht. Manche Überraschungsfunde seien im Laufe der Monate einfach nur lächelnd zur Kenntnis genommen worden, während andere für massive Verzögerungen gesorgt und kreative Lösungen erfordert hätten. „Wir buddeln in 150 Jahren Industriegeschichte herum“, stellt Böhm fest. Man sei, so erinnert er sich, bei der Planung immer vom schlechtestmöglichen Fall ausgegangen. „Der ist aber – vor allem zwischen S-Bahn und Markt – immer wieder deutlich übertroffen worden.“

Alter Oberleitungsmast

Oft war von Behinderungen der Baumaßnahme durch unbekannte Leitungen die Rede. Wobei die Zufallsfunde im Fundament der Straßen eben unterschiedliche Qualität haben. Dass sie im Bereich S-Bahn-Haltepunkt Langendreer in der Straße das Fundament sowie Reste eines alten Gittermastes gefunden haben, mag als Erinnerung an die eigene, fast 120-jährige Geschichte der Bogestra dienen. „Kann sein“, so Pressesprecherin Sandra Bruns, „dass das mal ein alter Oberleitungsmast war.“ Schließlich fuhr hier vor Jahrzehnten bereits eine Straßenbahn.

Dagegen hatte die an gleicher Stelle gefundene 10 000-Volt-Starkstromleitung echtes Schock-Potenzial. „Das war eine Opel-Leitung“, so weiß Böhm inzwischen, „die eigentlich woanders und auch viel tiefer hätte liegen sollen.“ „Opel“ stand nicht auf der Leitung. „Bei einem solchen Fund“, erklärt Böhm, „steht alles still. Erst muss geklärt werden: Was ist das für eine Leitung? Geht Gefahr aus? Wem gehört sie?“ Oft seien dann völlig neue Lösungen gefragt.

Leuchtmunition und eine glücklicherweise ausgebrannte Bombe im Bereich der Rudolf-Steiner-Schule, zwei Wasserleitungen, die bei sogar Gelsenwasser selbst unbekannt waren, sowie alte Kokereigasleitungen mit möglichem Verpuffungspotenzial ließen manchem Bauarbeiter zuweilen den Atem stocken. „Das haben wir aber alles prima in den Griff bekommen“, sagt Volker Böhm. „Die alten Gasleitungen sind ohne Hitzeentwicklung auseinander gefräst, die Einzelteile schließlich versiegelt worden, damit eventuell giftige Rückstände nicht entweichen konnten.“

Grüße aus der Zeit des Krieges

Eines aber hatte der erfahrene „Baumeister“ Böhm in seinen 15 Jahren auf Großbaustellen noch nicht erlebt: Arbeiter fanden – ganz in der Nähe des S-Bahnhofs – in einem Hohlraum eine ganze Sammlung von alten, rostigen Gewehren. „Da kam Hektik auf“, erinnert er sich. „Ordnungsamt, Bezirksregierung und Kampfmittel-Räumdienst wurden verständigt, die Gewehre unmittelbar mit viel Sand zugeschüttet. Und es gab eine Informationssperre.“

Die Herkunft blieb ungeklärt. „Wir vermuten, dass die Waffen nach dem Ende des Krieges in einen Bombentrichter geworfen und zugeschüttet wurden“, erklärt Astrid Metz vom 310-Infotreff. Nicht nur sie ist gespannt, was aus dem Boden in Langendreer im Zuge der weiteren Baumaßnahmen noch alles zu Tage gefördert wird.