Langendreer. . Bezirksbürgermeisterin besucht Oberstufe der Willy-Brandt-Gesamtschule und berichtet über das Flüchtlinge. Ein Syrer spricht über seine Situation.

Sandra Dziadul und Ramkumar Kugananthan sind aufgeregt. Den beiden Schülern steht eine ganz besondere Unterrichtsstunde bevor: Gleich kommen Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche und Hamsa Jaalook, ein Syrer, in ihren Sozialwissenschafts-Kurs, um Auskunft über das Thema Flüchtlinge zu geben. Sandra und Ramkumar werden moderieren.

Die beiden und ihre Mitschüler dieses Kurses der Jahrgangsstufe 13 stehen kurz vor dem Abi. Doch daran verschwendet in der folgenden Stunde wohl kaum jemand einen Gedanken. Zu fesselnd ist das, was sie zu hören bekommen. Vor allem die Geschichte von Hamsa Jaalook bewegt. Der 34-Jährige erklärt, dass er Apotheker ist und bis 2011 ganz normal in seiner Heimat Syrien leben konnte, bis der Bürgerkrieg ausbrach. Jetzt ist alles anders. Hamsa Jaalook floh über die Türkei, das Mittelmeer und die Balkanroute nach Deutschland. Seit dem 10. September lebt er an der Unterstraße in Langendreer. Seine Familie – Frau und zwei Töchter – musste er in Syrien lassen. Sein großer Wunsch: In Deutschland als Flüchtling anerkannt werden und seine Lieben zu sich holen.

Die Familie blieb zurück

Doch das wird noch ein Jahr dauern, weiß Hamsa Jaalook, der sehr gefasst wirkt bei dem, was er berichtet. Die Schüler geben keinen Mucks von sich, hören gebannt, bewegt zu. Für immer in Deutschland bleiben möchte Hamsa Jaalook nicht. Dafür liebt er seine Heimat zu sehr. „Alle Syrer wollen wieder zurück, wenn der Krieg vorbei ist“, sagt er. Bis dahin seien sie dankbar, in Deutschland Asyl zu finden.

Die Unterkunft an der Unterstraße – eine Erstaufnahme-Einrichtung der Bezirksregierung – bezeichnet Hamsa Jaalook als völlig okay. „Die Leute sind sehr nett“, sagt er. Das Wichtigste, sagt Jaalook, sei es, Deutsch zu lernen.

Auch Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche hört gebannt zu, als Hamsa Jaalook von seinem Schicksal erzählt.
Auch Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche hört gebannt zu, als Hamsa Jaalook von seinem Schicksal erzählt. © FUNKE Foto Services

Ein paar frisch erworbene Sprachkenntnisse kann er auch schon anwenden. Ansonsten spricht er sehr gutes Englisch. Wie auch die Oberstufenschüler, die ihm Fragen stellen. Sandra und Ramkumar moderieren das Frage-und-Antwort-Spiel, haben alles im Griff. Im Unterricht zuvor – das merkt man – haben sich die Schüler unter Anleitung von Lehrer Peter Mattern gut vorbereitet, sich gezielt Fragen überlegt.

Für Mattern ist es wichtig, die Politik in den Unterricht zu holen, sie greifbar zu machen. Das Thema Flüchtlinge beherrscht seit Sommer den Kurs. Jetzt, zum Abschluss, will man den Blick auf den Stadtbezirk lenken. Andrea Busche dazu zu befragen, lag nah. Sie ist der Willy-Brandt-Gesamtschule eng verbunden. Ihre drei Kinder gehen hier zur Schule, sie ist stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende und hilft im Schulkiosk mit.

Den Schülern bietet die Bezirksbürgermeisterin zunächst einen Gesamtüberblick, erklärt zunächst den Ablauf von Asylverfahren, den „Königssteiner Schlüssel“, der über die bundesweite Aufteilung von Flüchtlingen entscheidet, und dass die öffentlich Wahrnehmung etwas verschoben sei: „Die Armutsflüchtlinge sind wirklich in der Minderheit.“ Auf Bochum bezogen hebt Andrea Busche das Engagement der Ehrenamtlichen hervor. Derzeit, sagt sie, seien allein im Bochumer Osten 1000 Flüchtlinge untergebracht. Stadtweit kämen pro Woche 150 neue Gäste.

„Toll, dass ich herkommen konnte. Und dass ihr euch für Politik interessiert“, sagt Andrea Busche, bevor sie mit Hamsa Jaalook zum nächsten Termin fährt – ins Lessing-Gymnasium. Auch dort wird die Politik in den Unterricht geholt.