„Aufschicht Unplugged“, die Aktion der Stadtverwalter, lockte gestern trotz des schlechten Wetters Besucher an. Musik, Poesie, Malerei, Performance

Altenbochum. „Die meisten Bochumer wissen gar nicht, dass sie diesen Ort hier haben“, sagt Verena Liebers. Die 54-Jährige Biologin und Künstlerin präsentierte am Sonntag mit ihrer Theatergruppe „VIGLis Wanderbühne“ einen der 23 künstlerischen Beiträge der „Aufschicht Unplugged“, einer Aktion der Stadtverwalter – im Geologischen Garten.

„Was die Lage und den Bekanntheitsgrad angeht, ist der Geologische Garten ein unscheinbarer Ort“, sagt Giampiero Piria. Der Schauspieler gehört zu den Gründungsmitgliedern der Stadtverwalter. „Dabei verrät er so viel über die Erdgeschichte unserer Region. Erst wurde das Gelände von der Zeche Friederika genutzt, dann gab es hier eine Ziegelei mit Steinbruch. So wurden die Schichtungen entdeckt.“

Und so erklärt sich auch das Motto der Veranstaltung: Eine neue kreative Schicht wird vorübergehend über den Ort gelegt, in Form von Musik, Poesie, Theater, Kunst, alles ohne Steckdose. Es wird geschichtet, gestapelt, verhüllt, entdeckt. Das Wetter legt am Aktionstag noch eine Schicht drauf – in Form von Dauerregen.

Mit Schirm und Regenjacke nahm auch Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz an einem ausführlichen Rundgang teil und freute sich, nach so vielen Jahren noch einen neuen Ort in ihrer Stadt kennenzulernen.

„Wir wohnen seit 50 Jahren hier und kommen jede Woche zum Spazieren her“, erklärt das Ehepaar Feierabend. „Diese Aktion heute wollten wir uns nicht entgehen lassen.“

„Hier scheint die Sonne“, sagt Birgit Feike und zeigt auf eine strahlend-goldene Installation in Form eines Bienenkorbs. Aus dem Inneren kommt Bienensummen. „Bienen sind etwas Kostbares“, sagt die Künstlerin über die mittlerweile selten gewordenen Tiere. „Wir müssen auf sie aufpassen und mit ihnen leben. So wie wir Menschen miteinander leben und aufeinander aufpassen müssen.“

Kreativ mit dem Raum auseinandersetzen

Die Stadtverwalter, der Verein für Zwischennutzungskultur, besteht seit fünf Jahren und hat sich zum Ziel gesetzt, durch temporäre Aktionen eine aktive und kreative Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum in der Stadt zu fördern.

Der Geologische Garten besteht seit den 1970er-Jahren und liegt an der Querenburger Straße hinter dem Neuen Gymnasium. Bereits seit den 1960er-Jahren steht das Gelände unter Naturschutz.

Simon (6) kniet auf einem Plastiktuch und stapelt aufmerksam Steine übereinander. „Das ist aber schwierig!“ Die Idee zu diesem interaktiven Kunstwerk stammt von der 13-jährigen Frederike Fehlauer. Aufeinander, übereinander, die unteren verborgen, verdeckt. Ähnlich wie geologische Schichten – und wie die Erinnerungen im Laufe eines langen Lebens, die sich übereinander legen. Die Malerin Karin Kroll befasste sich in diesem Sinne mit den verschütteten Kriegserinnerungen ihres Vaters. In ihren Bildern will sie diese „entschichten“.

„Flusspoet“ Thorsten Trelenberg hängt seine laminierten Gedichte gerne an Stellen auf, an denen die Besucher sich auch mal bücken, strecken oder überwinden müssen. Dennis Schottstädt muss mit seiner Gitarre heute unters Zelt fliehen. Aber als Teil der „Guerilla Guitar“ ist er das Improvisieren gewohnt. „Bei uns kann jeder mitmachen, der gerne Musik macht“, erklärt er das Konzept der Band.

Bei den Stadtverwaltern kann jeder mitmachen, der gerne Kunst oder Kreatives macht. „Unser Netzwerk wächst mit jeder Veranstaltung“, freut sich Giampiero Piria. In diesem Jahr wuchsen die Künstler vielleicht besonders zusammen, denn sie teilten Schirme, Zelte und Plastikplanen. „Sonne kann jeder, wir können auch Regen“, ergänzt Veronika Zoller von den Stadtverwaltern. Und tatsächlich sind alle Künstler gekommen und die Zahl der bunten Regenschirme im Laufe des Tages ist beträchtlich.