Langendreer. . Mieter sind sauer über Kündigung, weil sie einen Zusammenhang mit der Unterbringungen von Flüchtlingen vermuten. Doch der besteht gar nicht . . .

Informieren über den Zuzug neuer Flüchtlinge und Nachbarn um Unterstützung bitten: Diese Ziele verfolgte eine Podiumsdiskussion im Gemeindesaal der Freien evangelischen Gemeinde mit städtischen Mitarbeitern und Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche. Bevor man gezielt über die Unterbringung von Flüchtlingen am Wiebuschweg 4-20 reden konnte, galt es aber zunächst einmal, ein Missverständnis aus der Welt zu räumen.

Schuld daran trug in erster Linie der Hauseigentümer Vivawest, der an diesem Abend leider – trotz Einladung — durch Abwesenheit glänzte. Nicht nur, dass mangelhaft über die Vermietung an die Stadt informiert wurde. Zeitgleich trudelte den jetzigen Mietern zudem die Kündigung ins Haus. Was Wut und Verzweiflung entfachte.

„Die sind Flüchtlinge und ziehen ein. Wir sind die Vertriebenen“, schluchzte eine verzweifelte Seniorin. „Ich habe von der Vermietung durch Zufall bei einem Gespräch am Wäschehaus erfahren“, erklärte die ältere Dame weiter, die dort seit über 50 Jahre wohnt. Nun ist sie – ohne Ersatzwohnung – zum 31. Mai 2016 gekündigt. Und sah natürlich einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen.

Eigentümer Vivawest plant Abriss und Neubau

Die Aufklärung des Sachverhalts folgte auf dem Fuße. „Hier sollen Wohnungen abgerissen und neu gebaut werden. Deshalb sind auch unsere Mietverträge bis zum 31. Mai 2016 befristet“, betonte Sandra Schulte, Sachbearbeiterin im Amt für Soziales und Wohnen. Ihr Problem insgesamt: „Wir sind derzeit darauf angewiesen, fast jede beziehbare Wohnung anzumieten.“

Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche setzte nach: „Es ist sehr ärgerlich, wie die Vivawest hier mit ihren Bewohnern umgeht.“ Ein Brief von ihr mit der Forderung nach Ersatzwohnungen ist inzwischen an das Wohnungsunternehmen unterwegs. Gleichzeitig machte Busche – auch gegen Diskussionsbeiträge anderer Besucher – deutlich: „Die Kündigungen von Vivawest und das Anmieten von Wohnungen für Flüchtlinge haben nichts miteinander zu tun.“

Am Wiebuschweg entstehen 75 Wohnplätze in 17 Wohnungen.

Moderatorin Katja Leistenschneider setzte deshalb auf Information. Wie viele Flüchtlinge werden der Stadt durch die Bezirksregierung in Arnsberg zugewiesen? Wie viele Leute sollen am Wiebuschweg einziehen? Welche Probleme haben sie? Wie kann man ihnen helfen, Fuß zu fassen?

Die ersten Wohnungen wurden bereits bezogen

Die Stadt hat die ersten Wohnungen am Wiebuschweg bereits am Ende der Woche bezogen. Eine syrische Familie und weitere gut 20 Bewohner zogen ein. Ein Sozialarbeiter der Stadt ist tagsüber vor Ort.

Ein Helferkreis wird aufgebaut. Gestern fand dazu ein Treffen statt. Nadine Meyer, Amt für Soziales und Wohnen, kümmert sich um die Koordination der Flüchtlingsarbeit in der Stadt. Tel. 910-15 31; E-Mail: nmeyer@bochum.de.

Antworten gab es von Sandra Schulte und Jan Nordhoff, Sachgebietsleiter Flüchtlinge: Pro Woche kommen etwa 50 Personen. Am Wiebuschweg entstehen 75 Wohnplätze in 17 Wohnungen. Fehlende Sprachkenntnisse, eine schlechte Gesundheit, Kriegstraumata und die Reizüberflutung in der neuen Umgebung sind die größten Probleme.

„Die wichtigste Unterstützung ist das Strukturieren des Tagesablaufs der Menschen durch Beschäftigung“, betonte Christof Wieschemann, der in Harpen Flüchtlinge mitbetreut. Deutsch-Sprachkurse sei das nächste. Die weitere muntere Diskussion der etwa 80 Besucher bewegte sich zwischen „Wie können wir ganz praktisch helfen?“, „Ich kann da etwas anbieten“ (wird beides im Helferkreis besprochen – siehe Infobox) und aber auch „Wir haben im Bochumer Osten schon genug Flüchtlinge“, oder „Wirtschaftsflüchtlinge sollten sofort wieder ausgewiesen werden“. Äußerungen letzterer Art stießen bei den wenigsten Anwesenden auf Gegenliebe.