Bochum-Nord/Süd/Ost. . Eine Bloggerin und eine Künstlergruppe ziehen mit ihren prämierten Projekten durch die Stadtteile. Dorte Huneke bietet Werkstätten an

Ob jung, neu hinzugezogen oder alt-eingesessen – jeder Bürger kennt Geschichten zu seinem Stadtteil. Dorte Huneke erzählte ein halbes Jahr lang solche Geschichten über ihren Stadtteil, das Bochumer Westend, seit einem halben Jahr auf ihrem Internet-Blog „Stadtteilschreiberin“ (die WAZ berichtete).

In vier stadtweiten Werkstätten möchte die 40-Jährige ihre Idee weitertragen und so die Identität der Stadtteile durch individuelle Einblicke und Anekdoten stärken. „Ich möchte über meine persönlichen Erfahrungen sprechen und den Teilnehmern Rüstzeug geben, wie ein solches Projekt aufgebaut und auf den Stadtteil zugeschrieben werden kann“, erläutert die Bloggerin. „Finanzierungsmöglichkeiten und erste Praxiseindrücke sollen ebenfalls Teil sein.“

Als eines von acht Projekten wurde der Workshop beim Stadtteilwettbewerb von Bochum Marketing ausgewählt und erhält somit eine finanzielle Unterstützung von 3200 Euro. Vier kostenlose Werkstätten sollen jetzt im Frühjahr an verschiedenen Orten im Stadtgebiet stattfinden. „Teilnehmer unterschiedlichen Alters und Herkunft würde ich mir wünschen“, sagt Huneke, „denn so erhält man immer wieder veränderte Blickwinkel.“

Szenische Lesungen

Ferner freue sie sich über alle Formen der Darstellung; ein Stadtteil als Cartoon sei dabei nur ein Beispiel. Die erste zweiteilige Werkstatt findet jeweils dienstags, 10 bis 14 Uhr, statt, und zwar am 12. Mai und 9. Juni, bei Hu-Kultur am Brunnenplatz 8 in Querenburg.

Um die Ergebnisse des Projekts zu dokumentieren und die Vernetzungen untereinander darzustellen, wurde eine Internetseite eingerichtet, die auch bestehende Stadtteil-Blogs vernetzen soll. Interessierte können sich unter der Email-Adresse stadtschreiberin-westend@gmx.de bei Dorte Huneke melden (Internetseite: www.stadtteilschreiber.de).

Ein stadtteilübergreifendes Konzept fand ebenfalls Anklang bei der Jury: Eine Künstlergemeinschaft aus Fotografen, Schriftstellern und Schauspielern möchte in verschiedenen Stadtteilen und an unterschiedlichen Auftrittsorten wie Cafés, Theatern und Restaurants szenische Lesungen veranstalten. Dieser Vorschlag wurde mit 3000 Euro prämiert. Das Künstlerkollektiv besteht aus der Publizistin Stefanie Stüber, dem Fotografen Olaf Rauch sowie der Schauspielerin Charis Nass.

„Wir haben unsere Fotografien, Geschichten und das Schauspiel über sogenannte ,Lost Places’ – verlorene Orte – bereits im Rahmen der ,urbEXPO’ inszeniert. Es dabei zu belassen, dafür war es uns zu schade. So ist das Buch entstanden, das wir nun stadtweit bewerben möchten“, sagt Stüber. Diese szenischen Lesungen, sogenannte Momentgeschichten, widmen sich Orten des Untergangs. In dem besonderen künstlerischen Konzept sollen Industrie-Ruinen, verlassene Hotels und Krankenhäuser dem interessierten Publikum nähergebracht werden.

Bürgerschaftliches Engagement stärken

Seit sieben Jahren initiiert Bochum Marketing den Stadtteilwettbewerb. Damit soll vor allem bürgerschaftliches Engagement für den jeweiligen Ortsteil gefördert werden.

Prämiert werden stets Vorschläge, die die Stadtteilzentren stärken, die die Infrastruktur verbessern und die Wohnviertel gestalterisch aufwerten.

Einige dieser Geschichten sollen an fünf Terminen auf die Bühne gebracht werden. Eintrittsgelder, Einnahmen durch das Buch sowie ein Eigenanteil dienen der weiteren Finanzierung des Projekts.

„Die Schauspielerin und der Ort sind weiß ausgekleidet,“, erklärt Stüber, „die Fotografien werden auf beide projiziert.“ Dazu liest sie die Geschichte vor. Die Bilder sollen zusätzlich ausgestellt werden, so dass sie und das Buch auch isoliert betrachtet werden können. „Die Geschichten“, so die Autorin, „sind dabei keinesfalls Bildbeschreibungen, sondern Assoziationen und lassen dem Zuschauer Raum für eigene Interpretationen“. Lost Places in Wattenscheid und Gerthe, aber auch die Bars Goldkante und Neuland sollen als Orte der Inszenierung dienen.