Bochum.
Die Etats sind schon längst auf Kante genäht, viele Mitarbeiter in Sozial- und Kultureinrichtungen arbeiten bisweilen an oder jenseits der Grenze zur Selbstausbeutung. Nun aber ist die Grenze des Mach- und Belastbaren erreicht, sagt das Bochumer Bündnis für Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Es sieht die soziale Daseinsvorsorge in der Stadt bedroht und schlägt Alarm.
So spricht etwa Jochen Bauer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) davon, dass „die Schulen zerbröseln“, da über Brandschutzmaßnahmen hinaus die Sanierung von Schulgebäuden ausbleibe. Die Defizite bei der Inklusion in Sachen Ausstattung und Personal seien groß. So habe er an einer Gesamtschule erlebt, dass ein Lehrer die Kosten für Lehrmittel aus eigener Tasche bezahlt.
Verein muss Tariferhöhungen stemmen
Auch in anderen Bereichen sei das Maß des Erträglichen überschritten, nachdem die von Kämmerer Manfred Busch am 24. Juni verhängte Haushaltssperre zu Kürzungen von freiwilligen Leistungen um zehn Prozent geführt haben. Friedhelm Lemm, Geschäftsführer der Krisenhilfe, beklagt, die Kürzung um 40.000 Euro sei nur noch durch ein reduziertes Angebot und letztlich durch Personaleinsparungen zu stemmen.
Aus seiner Sicht ist das allerdings ein fataler Schritt. Schließlich betreuten die 35 Beschäftigten der Jugend- und Drogenberatung jährlich 1200 Klienten. Dazu komme die Beratung von Eltern und Schülern. Schwer wiege der finanzielle Einschnitt vor allem deshalb, weil der Verein ohnehin schon die jüngste Tariferhöhung und auch die anstehende um 2,4 Prozent im nächsten Jahr alleine stemmen müsse.
Einsparungen treffen die sozial Schwächeren
Als Irrweg bezeichnen Jochen Marquardt (DGB) und Gudrun Müller (Verdi) die Kürzung zu Lasten der sozialen Daseinsvorsorge. Es gebe ein Einnahmeproblem der Städte, das nur von Bund und Land zu lösen sei, die Kommunen selbst seien in der Vergeblichkeitsfalle. Allein könnte sie sich aus der finanziellen Misere nicht befreien. Indes gibt es auch Kritik an der Stadt Bochum. „Mit uns wird nicht geredet“, so Rolf Stein vom Bahnhof Langendreer. Die Betroffenen fühlen sich vor vollendete Tatsachen gestellt.
Rolf Geers vom Kinder -und Jugendring sieht die Struktur seiner Organisation unmittelbar nicht gefährdet, nachdem der Rat das Jugendförderprogramm 2015 bis 2021 verabschiedet habe. Aber die Einsparungen würde sich an vielen Stellen negativ auf Kinder- und Jugendarbeit auswirken; etwa wenn Bäder geschlossen oder Eintritte erhöht werden. „Das trifft vor allem die sozial Schwächeren, und in Bochum leben nun mal 20 Prozent der Familien an der Armutsgrenze.“ Existenzgefährdend sei auch die Situation vieler freier Kulturschaffender und Einrichtungen, so Rolf Stein. Die Freie Kultur-Szene wird jährlich mit 2,4 Millionen Euro von der Stadt unterstützt, muss nun aber auf 240.000 Euro verzichten.