Bochum. 700.000 Euro wird die Stadt Bochum zusätzlich in das Musikzentrum investieren. Mit diesem Geld und einer Schenkung der Stiftung der Bochumer Symphonie in Höhe von 600.000 Euro sollen Verwaltungsräume für die BoSy gebaut werden. Eine breite Opposition im Rat kritisiert dies.

Der Bau von 1,1 Millionen Euro teuren Verwaltungsräumen für die BoSy am neuen Musikzentrum, der im Projekt-Budget von 32,9 Millionen Euro nicht vorgesehen war (wir berichteten), stößt den kleinen Fraktionen und Gruppierungen im Rat der Stadt sauer auf. Sowohl die Kosten – die Stadt muss zusätzlich knapp 700.000 Euro in die Hand nehmen – als auch der Dringlichkeitsbeschluss vom 1.9. durch OB Ottilie Scholz (SPD) und Ratsherr Christian Haardt (CDU) werden heftig kritisiert.

„Diese Entscheidung im Schweinsgalopp schwächt das Vertrauen in das Projekt“, sagt Felix Haltt (FDP/UWG). Auch Linke und AfD kritisieren das Verfahren und die indirekte Umgehung des Rates. „Es kann nicht sein, dass Entscheidungen über nicht unbeträchtliche Summen, vor allem bei der derzeitigen Haushaltslage, von Einzelpersonen getroffen werden“, so Ratsherr Sebastian Marquardt (AfD).

Neuen Ratsbeschluss vermieden

FDP und UWG kritisieren zudem die Mehrkosten. „Der viel diskutierte Finanzrahmen, der ja unter keinen Umständen überschritten werden sollte, ist damit Makulatur“, so Haltt. Die Soziale Liste spricht gar von „Tricks und unverantwortlichen Finanzaktionen“ für ein „Prestigeobjekt“. Sprecher Günter Gleising bezieht sich dabei auf Recherchen der WAZ. Diese hatten ergeben, dass die Schenkung der Stiftung Bochumer Symphonie in Höhe von 600.000 Euro für den „Rohbau einer Verwaltungsetage“ bislang nur durch eine Bürgschaft der GLS-Bank abgesichert ist. Gleising: „Es ist gekommen, wie es kommen musste, die Kosten für den Bau des Musikzentrums werden deutlich höher. Die Stiftung schenkt der Stadt Geld, das sie gar nicht hat.“

Volker Steude (Stadtgestalter) zweifelt indes die Kostenschätzung für den Verwaltungstrakt an. Der Bau der Etage dürfe allenfalls 500.000 Euro kosten. „Hier werden Mehrkosten verschleiert.“ Die jetzt vorgelegte Bürgschaft hätte die Stiftung auch bei Baubeginn vorlegen können, sagt Steude. „Dann hätte die Stadt aber ihren direkten Eigenanteil von 2,4 auf 2,9 Millionen Euro erhöhen müssen. Dafür hätte es im Rat aber keine Mehrheit gegeben.“

Dilettantische Informationspolitik muss aufhören

Natürlich macht es Sinn, die Verwaltungsräume der BoSy unmittelbar am neuen Konzerthaus anzusiedeln. Alles andere wäre Flickschusterei, die dem Leuchtturm einen Schatten spendieren würde. Insofern sollten alle froh sein, dass es jetzt so kommt.

Richtig ist aber auch: Sinn gemacht hätte dieses von Anfang an. Und auch der jetzt eingeschlagene Weg wäre natürlich möglich gewesen. Mit dem Thema Bürgschaften hatte sich die Stiftung ja quasi um den Ruf des besten Finanzjongleurs unserer Stadt beworben.

Volker Steude trifft den Nagel auf den Kopf. Die Befürworter des Projektes hatten Angst vor einer neuen Beschlussfassung im Rat. Und noch vielmehr vor dem Bürgerbegehren, das 14 000 Bochumer sich gewünscht hatten.

Wenn nun von Trickserei gesprochen wird, darf sich niemand von den Verantwortlichen wundern. Stadt und BoSy-Stiftung haben nach wie vor ein Kommunikationsproblem. Statt Fakten sofort komplett auf den Tisch zu legen, werden diese gern und immer wieder häppchenweise präsentiert. Im aktuellen Fall: von der Schenkung, die eine Bürgschaft ist, bis hin zu den städtischen Kosten, die inklusive Zinsen für den Kredit 700 000 und nicht 500 000 Euro betragen.

Das ist dilettantisch. Wer auf Sicht Ruhe für das Projekt will, muss professioneller informieren.

SPD-Fraktionschef Peter Reinirkens bestätigte dies im Gespräch mit der WAZ indirekt. Der jetzt eingeschlagene Weg sei 2012 nicht machbar gewesen. „Das hätte einen neuen Ratsbeschluss erfordert.“ Die Stiftung sei 2012 aber auch gar nicht in der Lage gewesen, mehr als 12,5 Millionen Euro zu geben. Dass diese jetzt „flüssiger als erwartet“ dastehe, habe mit der großzügigen Förderung des Musikzentrums durch die Essener Brost-Stiftung zu tun. Diese gibt bekanntlich drei Millionen Euro – u.a. dafür, dass das Haus „Anneliese Brost Musikforum Ruhr“ heißen wird.

Große Koalition sieht nur Vorteile

SPD, CDU und Grüne, also die überwältigende Mehrheit des Bochumer Rates, freuen sich über die Möglichkeit, die Verwaltungsräume jetzt schon bauen zu können. Die Dringlichkeit für den Beschluss vor der Ratssitzung sei gegeben, da der Rohbau fertig sei und die Baukräne ansonsten abgebaut würden. Auch die Kostenrechnung der Verwaltung sei plausibel. Die Stadt spare bei Finanzierung des Eigenanteils im Vergleich zur Anmietung externer Räume 200.000 Euro. „Mit dieser Investition steht die Stadt also finanziell besser da als ohne“, so Manfred Preuß (Grüne). Alle drei Fraktionen haben signalisiert, am 25. September im Rat den Dringlichkeitsbeschluss durch OB Ottilie Scholz und Christian Haardt und zu bestätigen.