Bochum. Wildpinkler sind nicht nur bei Großveranstaltungen ein Ärgernis. Ein jetzt veröffentlichter „Deutschland-Atlas“ dokumentiert: Wer in Bochum öffentlich urniniert, kommt vergleichsweise billig davon. Es drohen 35 Euro Verwarnungsgeld.

Schiffen zum Schnäppchenpreis: Wer in Bochum beim öffentlichen Urinieren erwischt wird, zahlt ein Verwarnungsgeld von 35 Euro – wenig im Vergleich zu anderen Städten, die die so genannten Wildpinkler stärker zur Kasse bitten.

An diesem Wochenende wird’s in der Innenstadt an manchen Stellen wieder mächtig müffeln. Der Musiksommer, insbesondere die Techno-Party mit Star-Diskjockey ATB heute ab 21 Uhr, zählt zu den Großveranstaltungen, bei denen einige trinkfreudige Besucher ihr kleines Geschäft in aller Öffentlichkeit verrichten. Bei Spielen des VfL, bei Festivals wie Bochum Total, am Hauptbahnhof, aber auch an ganz normalen Party-Wochenenden im Bermuda-Dreieck werden Büsche, Hauswände und -türen oder Hinterhöfe gleichfalls als Pinkelecken missbraucht.

Sogar – in dieser Woche gesehen – die Pauluskirche wird nicht verschont. Das sorgt für Ärger: bei den Anwohnern ebenso wie bei Passanten, die sich über die ekelerregenden Pfützen, den beißenden Gestank und nicht selten über den Anblick der Wildpinkler aufregen.

Zahlen werden nicht erfasst

„Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich durch Verunreinigungen oder Vandalismus in ihrem Sicherheitsempfinden gestört“, weiß die Stadtverwaltung. Deshalb soll der Ordnungsdienst seit 2003 Verwarnungsgelder auch für geringfügige Ordnungswidrigkeiten wie das Wegwerfen von Papiertaschentüchern und Zigarettenkippen (10 Euro), Ausspucken von Kaugummi (20 Euro) und das Nichtentfernen von Hundekot (35 Euro) erheben.

Auch das „Verrichten der Notdurft in der Öffentlichkeit“ steht im Sündenregister. 35 Euro werden angedroht. Ein Verwarnungsgeld, das „die Anzahl der Verstöße verringern und den Menschen ein stärkeres Gefühl der öffentlichen Sicherheit vermitteln soll“, so die Stadtverwaltung.

Die Strafe ist vergleichsweise gering, wie der jetzt erschienene „1. Deutsche Wildpinkler Verwarn- und Bußgeldatlas“ dokumentiert. Er listet auf, was Freiluft-Urinierer zu berappen haben: Köln kassiert 200, München 100, Gelsenkirchen 55 Euro. In Bochum ist das Wildpinkeln dagegen ein Schnäppchen, auch wenn Herne und Oberhausen mit 25 Euro noch gnädiger sind.

Schreiben Sie uns, was Ihnen stinkt

Öffentliche Toiletten befinden sich in der Innenstadt u.a. am Rathaus, auf dem Buddenbergplatz und Dr. Ruer-Platz.

Halten Sie die Zahl und Öffnungszeiten der WC-Anlagen für ausreichend? Könnte mit mehr öffentlichen Toiletten das Wildpinkeln eingedämmt werden?

Soll die Stadt das Verwarnungsgeld anheben? Müsste es mehr Kontrollen geben?

Schreiben Sie uns, was Ihnen stinkt: per Post an die WAZ-Redaktion, Huestraße 25 in 44787 Bochum, per E-Mail an redaktion.bochum@waz.de

Es wird keine Statistik geführt

Wenn denn überhaupt Geld fließt. „Seit über 30 Jahren wohne und arbeite ich in der Innenstadt. Ich habe schon etliche öffentliche Struller gesehen, übrigens auch immer mehr Frauen – aber noch nie einen Beamten, der diese Schweinerei ahnde!“, schildert WAZ-Leser Gerhard Lukas (61).

„Es ist halt schwierig, die Umweltsünder in flagranti zu ertappen. Und nur dann greift das Verwarnungsgeld“, bedauert Stadtsprecher Oliver Trappe. Die WAZ-Anfrage, wie viele Wildpinkler in Bochum zur Rechenschaft gezogen werden, lässt die Stadt vielsagend unbeantwortet: „Eine Statistik über die Anzahl einzelner Verstöße wie die ,Wildpinkelei’ wird bei uns leider nicht geführt.“

Scham- und sorglos die Hose runterlassen? „Nein!“, schimpft Leser Lukas und hat einen Vorschlag: „Bochum soll es so machen wie Gladbeck. Dort drohen 100 Euro. Das schreckt wirklich ab!“