Bochum.. Seit Gründung der Ruhr-Uni haben sich in Bochum eine Hand voll Studentenverbindungen angesiedelt. Sie gelten als rechtskonservativ, der Burschen-Dachverband diskutiert seit Jahren das Für und Wider eines „Arier-Nachweises“. Was bewegt junge Männer dazu, einer Burschenschaft beizutreten?

Eine Stadtvilla am Steinring. Die Studenten sitzen im Fernsehzimmer auf Ledersofas. Auf einem Beistelltisch ein Prospekt, der ein Verbindungstreffen in Stuttgart bewirbt, darauf ist zu lesen: „Ehre – Freiheit – Vaterland“. Die Prager Burschenschaft Arminia zu Bochum hat sich bereit erklärt, die WAZ zu empfangen. Ihre Bedingungen: Keine Nachnamen, und Fotos nur mit Erlaubnis. Schlagende Burschenschaften gelten als rechtsgerichtet. Seit Jahren diskutieren die Mitglieder des Dachverbandes über die Einführung eines „Arierparagrafen“ – demnach dürfte nur Mitglied werden, wer dem „deutschen Volk“ angehört.

Die 1879 gegründete Burschenschaft hat nach eigenen Angaben etwa 130 Mitglieder, davon sind knapp 30 Studenten, die anderen Alumni. Lukas (24) ist ein höflicher junger Mann mit modischer Kurzhaarfrisur, er trägt blaues Hemd, Jeans, Turnschuhe. Der Bochumer studiert an der RUB Jura im bald achten Semester, seit einem halben Jahr ist er bei der Prager Arminia. „Im Hörsaal lag ein Flyer.“

Ein Lockmittel: Zimmer in einer Villa für wenig Geld

Viele Studenten lassen sich von gut ausgestatteten Zimmern für wenig Geld locken. Der mit 25 Quadratmetern größte Raum am Steinring kostet 295 Euro, Gartennutzung und Internet inklusive. Doch Anwärter sollten sich vorher genau informieren. Wer einer Verbindung beitritt, bleibt ihr oft ein Leben lang treu. Die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth spricht gegenüber der dpa von einer „hohen psychologischen Hürde“ beim Ausstieg, schließlich sei zu Beginn ein Eid geleistet worden.

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Nach dem Studium tragen die älteren Mitglieder wesentlich zur Finanzierung der Verbindungen bei. „Viele haben mich davor gewarnt, wie rückwärtsgewandt Burschenschaften angeblich sind“, sagt Lukas. Nils (25, Vermessung) aus Düsseldorf sagt: „Leider werden wir alle über einen Kamm geschoren.“

Die Bochumer Burschen sind erkennbar bemüht, nichts zu sagen, was irgendwie harsch klingt. „Wir sind vielleicht ein bisschen konservativ“, meint Christian (22, Bauingenieurwesen), „aber bei uns darf gerne auch gestritten werden.“ Der Verfassungsschutz hält Verbindungen nicht für gefährlich, die Behörde beobachtete eine Zeitlang lediglich einzelne Bünde wie die Münchener Danubia oder die Hamburger Germania. Klar ist aber: Rechtsextreme in deutschen Burschenschaften sind keine Seltenheit.

„Viele würden negativ reagieren“

Die Villa am Steinring wirkt unauffällig, beinahe unbewohnt. Viele Zimmer sind leer. Das Haus werde saniert, sagt Christian. Die Burschen führen durch ihr Gebäude. Im Erdgeschoss ein Saal mit Gartenblick, wo sie Interna besprechen oder zusammen Fußball gucken, im Obergeschoss mehrere Schlafzimmer und ein Bad. Der Keller soll für die WAZ tabu sein, dort befänden sich nur Privaträume.

Und dann ist da noch ein kleiner Kneipenraum. Vor dem Tresen Barhocker, dahinter Hochprozentiges. Die Zeiten, in denen sich Burschenschaftler „abgeschädelt“ hätten, seien aber lange vorbei. Über der Tür ein Schild in Bundeswehr-Optik. „Wehrdienstberatung“ steht darauf. Soll nur ein Scherz sein, versichern die Studenten. Fotografieren darf die WAZ es jedoch nicht. „Viele Leute“, glaubt Christian, „würden darauf negativ reagieren.“