Bochum. Futuristisch muten die vor zwei Jahren am Bochumer Zentrum für Neurorobatales Bewegungstraining vorgestellten Exoskelette an. Die Ergebnisse einer Fallstudie von Wissenschaftlern um Prof. Dr. Thomas Schildhauer zeigt, dass das Training mit dem „Roboteranzug“ Früchte trägt.
Mit bemerkenswerten Studienergebnissen verblüffen das Bochumer Zentrum für Neurorobotales Bewegungstraining und ein Forscherteam des Bergmannsheil die Fachwelt. In einer Pilotstudie mit acht rückenmarkverletzten Patienten, die drei Monate lang mit dem Robotersystem HAL trainiert haben, „konnte eine eindrucksvolle Verbesserung sensomotorischer Funktionen nachgewiesen werden“, so Klinik-Sprecher Robin Jopp. Und: Ein 34-jähriger Mann, der nach einem Arbeitsunfall querschnittsgelähmt ist, könne mittlerweile wieder selbstständig an zwei Unterarmstützen gehen.
25 Patienten haben die Therapie beendet, weitere 35 sind in Behandlung. Sie arbeiten mit einem sogenannten Exoskelett, das dem Körper zusätzliche Stabilität verleiht, Nervenimpulse auf der Haut aufnimmt, sie verstärkt und in Bewegung umsetzt. Zwei Jahre nach der Gründung des Zentrums und dem Beginn der Therapie mit dem vom japanischen Wissenschaftlicher Yoshiyuki Sankai entwickelten „Roboteranzug“ sollen die Untersuchungen nach den Vorstellungen von Prof. Dr. Thomas Schildhauer, dem Direktor der Chirurgischen Uni-Klinik und Leiter der Forschungsgruppe, auch auf Patienten mit Schlaganfall oder neuromuskulären Erkrankungen ausgeweitet werden.
Einsatz in weiteren Kliniken
Neben den mittlerweile 30 in Bochum eingesetzten Exoskelettsystemen, insgesamt 400 sollen es in Japan sein, sind weitere zwölf Roboteranzüge in Deutschland im Einsatz – an berufsgenossenschaftlichen Kliniken in Berlin, Halle und Frankfurt sowie in einer Reha-Klinik in Bad Berka.
440 bis 500 Euro pro Therapiestunde
Drei Monate dauert die erste Phase der HAL-Therapie. Nach dem täglichen Training wird in einer zweiten Phase, die ebenfalls drei Monate lang dauert, je einmal in der Woche mit dem System gearbeitet.
Eine Therapiestunde kostet zwischen 440 und 500 Euro. Für eine komplette Behandlung müssten demnach mindestens etwa 50 000 Euro aufgebracht werden.
Die Teilnehmer von Therapien und Studien kommen aus ganz Deutschland. Für ihren Aufenthalt in Bochum wurden einige Wohnungen angemietet, die die VBW eigens zu diesem Zweck umgebaut hat.
Gespräche über den Einsatz auch im europäischen Ausland laufen, so Theodor Bülhoff, Geschäftsführer der Cyberdyne Care Robotics GmbH. Er hofft auch auf ein baldige Kassenzulassung des Systems, zumal die Mobilisierung über das eigenständige Laufen mit Gehhilfen hinaus gehen könne. „Dazu gehört etwa, dass Betroffene wieder eigenständig zur Toilette gehen können.“
An die Börse gebracht
Bedurfte es anfangs einer Anschubfinanzierung des Landes NRW und des japanischen Wirtschaftsministeriums von 2,3 Millionen Euro, steht die deutsche Cyberdyne GmbH nach Auskunft des Geschäftsführers auf gesunden Füßen, er spricht von positiven Monatsergebnissen. Und sollten Mittel fehlen, würden diese aus Japan kommen. Die japanische Mutterfirma verfüge über eine „gute Finanzausstattung“, nachdem HAL-Erfinder Sankai sie im Sommer an die Tokioter Börse gebracht hat.