Bochum. . Einen intensiven Eindruck von der Stahlproduktion in Bochum bekamen 20 WAZ-Leserinnen und Leser beim Besuch des riesigen Werks. Dabei wurden sowohl die Herstellung von Edelstahl als auch die Weiterverarbeitung im Warm- und Kaltbandwalzwerk gezeigt.
Zu einem richtigen Hexenkessel verwandelt sich der UHP-Ofen im Nirosta-Elektrostahlwerk, wenn die Elektroden langsam in den Stahlschrott hinunter gelassen werden. Funken zucken durch die riesige Werkshalle und es knallt munter wie beim Feuerwerk, nur viel, viel lauter. Dann schließt sich das mächtige Schutztor und die WAZ-Gruppe oben auf der Besucher-Empore kann sich ein wenig erholen. Männer und Frauen befreien ihre Ohren von den Ohrstöpseln, um gleich darauf weiter zu eilen.
Einen wahren Marathon absolvieren die 20 Leser und Leserinnen bei einer sehr intensiven exklusiven vierstündigen Führung durch die so unterschiedlichen Werke und Einrichtungen auf dem rund zwei Quadratkilometer großen Gelände von Thyssen-Krupp und Outokumpu zwischen der Essener Straße und der A 40.
Es ist eine Welt, in der irgendwie alles seine natürlichen Dimensionen verlässt. Werner Berghaus, arbeitete selbst viele Jahre im Werk und führt heute Besuchergruppen durch ein schier endloses Wirrwarr von Gängen, Lochgitterstegen und für den Laien kaum zu erkennenden Durchgängen. Es ist, als befände man sich im Bauch eines teuflischen feuerspeienden Wesens. So müssen es die Menschen vor über 150 Jahren empfunden haben, als sie ins Ruhrgebiet kamen und dort mit den ersten Stahlwerken konfrontiert wurden.
Das Werk ist einer der letzten produzierenden Teilbereiche des bis Anfang der 60er Jahre integrierten Hüttenwerks des Bochumer Vereins. Mehr als 20 000 Menschen arbeiteten dort. Heute sind es an der Essener Straße knapp 3000 Mitarbeiter, hinter Duisburg zweitgrößter Standort der Schwerindustrie im Ruhrgebiet. Werner Berghaus zeigt im Stahlwerk auf gewaltige Gefäße, in denen nach der Stahlerzeugung die Schlacke aufgefangen wird. Er spricht von „Blumentöpfen“, nur diese Blumentöpfe fassen locker die Erde eines mittleren Reihenhauskleingartens.
Überwältigende Kulisse
Zig Stiegen rauf und andere wieder runter, von schwindelnder Höhe. Selbst ein Teilnehmer, der vor Beginn der Führung auf seine Höhenangst hingewiesen hatte, sagte hernach: „Sie haben es geschafft, ich bin überall mit hin gekommen und habe dabei tatsächlich etwas von meiner Höhenangst verloren.“
Es mag an der überwältigen Kulisse liegen. WAZ-Leser Wilfried Steinkamp, der nur wenige Hundert Meter entfernt wohnt, bisher aber die Anlagen nur von außen kannte, staunt über die Ausmaße.
Dass das Warmbandwalzwerk an diesem Tag wegen einiger Reparaturen eine Pause einlegt, wird beim Rundgang ein naher Blick ermöglicht auf die Walzenanlagen, die zentimeterdicke Stahlbrammen am Ende des Walzvorganges in ein dünn ausgewalztes Blech verwandeln. Eine Spindelanlage wickelt es auf, als handele es sich um Papier, dabei sind die so entstehenden Coils oft Tonnen schwer.
Erschöpft erreicht die Gruppe am Ende den Parkplatz. Während sich die Teilnehmer den Staub von der Kleidung klopfen, wird die Bedeutung von Werner Berghaus’ Spruch klarer: „Bei uns kommt die Putzfrau nur einmal im Jahr.“