Bochum.. Hunderte Demonstranten aus halb Europa, ein zorniger Anführer und ein massives Polizeiaufgebot: Eine Anti-Israel-Kundgebung hielt Freitagabend die Bochumer Innenstadt in Atem. Zeitgleich traf sich am Hauptbahnhof eine Gegen-Demo. Einer Konfrontation gingen die beiden Gruppen jedoch aus dem Weg.
Mehrere hundert Menschen haben Freitagabend gegen die Gaza-Bombardierung Israels demonstriert. Fahnenschwenkend forderten die Demonstranten bei ihrem Marsch durch die Bochumer Innenstadt Freiheit für Palästina. Die Kundgebung wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet.
Zeitgleich protestierten ein paar Dutzend Gegendemonstranten – darunter Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei – vor dem Hauptbahnhof gegen Antisemitismus. Zu einem Zusammenstoß der beiden Gruppen kam es jedoch nicht. Die Israel-Kritiker gingen einer Konfrontation wohl aus dem Weg.
Nach Angaben des Veranstalters beteiligten sich bis zu 750 Menschen an der Demo, es dürften indes eher um die 300 gewesen sein. Vom Hauptbahnhof marschierte die Gruppe über den Boulevard vor das Gerichtszentrum, wo sich die Teilnehmer sammelten, palästinensische sowie türkische Flaggen schwenkten und Plakate in den Himmel reckten. Darauf kritisierten sie auch die deutsche Rolle im Gaza-Konflikt: „Merkel finanziert, Israel bombardiert“, war zu lesen oder „Gazakinder – getötet mit deutscher Waffentechnik“. Währenddessen skandierten sie „Freiheit für Gaza“ und „Kindermörder Israel“.
„Wenn wir die Wahrheit sagen, sind wir für die Medien Antisemiten“
Zu antisemitschen Ausfällen kam es nicht. „Wir sind nicht gegen Juden“, rief Taylan Can den Demonstranten zu. Der 22-Jährige stammt aus Gelsenkirchen, sagt, er arbeite als freier Journalist und hat nach eigenen Angaben bereits mehrere Anti-Israel-Kundgebungen mitorganisiert. Auch die in Essen, bei der es zuletzt zu Ausschreitungen gekommen war. Viele Demonstranten suchten nach der Veranstaltung seine Nähe, wollten für palästinensische Gewaltopfer spenden. Bei der zentralen Versammlung auf der Viktoriastraße rief er: „Wenn wir die Wahrheit sagen, sind wir für die Medien Antisemiten.“ Die Protestler quittierten dies mit Applaus.
Eigentlich hatte der Tross über den Südring wieder zurück zum Hauptbahnhof marschieren wollen. Can entschloss sich allerdings spontan, die Aktion vor dem Gerichtszentrum zu beenden – offenbar, um ein Zusammentreffen mit den Gegendemonstranten zu vermeiden, die sich an der Kreuzung Kurt-Schumacher-Platz/Universitätsstraße aufhielten. Die Polizei erklärte, beide Gruppen seien kooperativ gewesen.
Unter den Demonstranten waren dem Vernehmen nach wenige Bochumer. Viele seien aus Holland, Belgien und der Türkei angereist, so Can. Bochum sei aber wegen der vielen Muslime ein guter Ort für Anti-Israel-Aktionen. Can sagte, er wolle in den kommenden Tagen weitere Kundgebungen in anderen Städten organisieren: „Ich bin auf Deutschland-Tour.“