Bochum. Die Sicht von Außen kann Sichtweisen eröffnen, die man aus eigener innerer „Betriebsblindheit“ vielleicht nicht mehr hat. Auf diesen Effekt setzen der Kunstverein Bochum und das Künstlerhaus Dortmund mit ihrem „Artist-in-Residence“-Projekt des niederländischen Künstlers Onno Dirker.
Auf der „Außenbahn“ soll Onno Dirker (Den Haag) dem Ruhrpott neue künstlerische Seiten abgewinnen soll.
Klar, geht es dabei um den Strukturwandel. Zwangsläufig ist die beständige Veränderung der Region zentrales Thema aller Kunst im Ruhrgebiet. Dirker dürfte dennoch eine besondere Herangehensweise haben, denn für den Niederländer ist die Gegend hier kein unbekanntes Terrain. Anfang der 1990er Jahre hatte der Künstler das Dortmunder Gichtgas-System, dieses gigantische Gebilde der Montanindustrie, als allumfassend-bedeutsames „Energienetz“ neu gesehen.
Sichtbarmachung des Anderen
Damals war Dirker einer der ersten Künstler, die Neues anstießen, in dem sie Altes von der industriellen Patina befreiten und hinter der bekannten (architektonischen und stadtgestalterischen) Zeichengebung eine „anderes Ruhrgebiet“ sichtbar machten. Seitdem hat sich viel getan. Als er jetzt zurückkam, war der Künstler überrascht: „In den 90ern war alles verboten, aber man kam trotzdem überall hin; heute ist alles öffentlich und trotzdem nicht ohne Weiteres zugänglich.“ Was gleich geblieben sei? „Die Menschen sind immer noch vom selben Schlag“, sagt Dirker.
An drei Orten wird der Niederländer aktiv, im Kunstverein auf Haus Kemnade, im Freien Kunst Territorium (FKT) an der Besseemerstraße und im Künstlerhaus Dortmund am Dortmund-Ems-Kanals. In Bochum widmet Dirker sich dem Wandel der Kohle als Symbol und der Industrienatur.
In den Räumen des Kunstvereins auf Haus Kemnade gestaltete Onno Dirker drei „Kohleflöze“, neben ihnen steht eine begehbare Skulptur, bestehend aus mit groben Sand beklebten Holzkisten. Von oben wird der Blick auf Verborgenes möglich: Kohle, Eisen, Asche, Sand – aus Industriegut wird das (geistige und konkrete) Inventar, das als Basis für die Neuerfindung des Reviers dient. Die Identifikation der Region kreise letztlich immer wieder und immer noch um bestimmte tradierte Symbole, so Dirker. Beispiel Bergbau: Man denke nur an die Fördertürme; der Doppelbock von Zollverein ist ein Markenzeichen auch des neuen Ruhrgebiets geworden.
Der Wandel ist nicht zu stoppen, schreitet immer wieder fort. Gerade dieses Prozesshafte ist es, was Onno Dirker fasziniert. Mit seinen „soft observations“, sanften Beobachtungen, will er, der Zugereiste, dem Ruhrgebiet - und uns als dessen Bewohnern - näher kommen.