Bochum. Das Kunstprojekt „gestern die stadt von morgen“ ist an dieser Schnittstelle zwischen Architektur, Kunst und Historie verortet. Eine Spielstätte – neben dem Rathaus in Marl und dem Forum City-Center Mülheim – ist bis zum 7. September der Campus der Ruhr-Universität.

Vor ziemlich genau 50 Jahren entstand auf der grünen Wiese im Süden Bochums ein gewaltiger Beton-Bau. Die Architektur der Ruhr-Uni als erster Nachkriegs-Universitätsgründung atmet damals nichts anderes als den Geist der Utopie. Aus einer Vision wurde Wirklichkeit. Die Reaktionen darauf: damals wie heute ambivalent. Nun sind es das Künstlerkollektiv Konsortium und die Videokünstlerin Nico Joana Weber, die die baulichen Visionen der 1960er und 70er Jahre mit aktuellen Arbeiten kommentieren.

Das Konsortium (Lars Breuer, Sebastian Freytag und Guido Münch) tut dies mit der dreiteiligen Wandmalerei „Doom Void Hope“. Diese, angebracht an „Übergangsorten“ auf dem Campus, zitiert eine Grundform aus Otto Hajeks Beton-Skulptur „Drei Schulen unter einem Dach“, die 1970 für das Schulzentrum Querenburg angefertigt und 2011 abgerissen wurde. Der konstruktivistische Formwillen der Malereien steht dabei in eigenwilligem Widerspruch zu den drei Schriftzügen, die den Übergang in eine alternative Unterwelt versprechen.

Die immanente Fragestellung nach dem Status der Kunst und der Form im öffentlichen Raum wurde von den Künstlern (wohl unfreiwillig) noch weiter getrieben. Wurde doch für eines der Bilder („Hope“) das Wandbild „Hoffnungen, Träume und Ängste der RUB-Studenten“, das 1979 unter Leitung des Bochumer Künstlers Bernd Figgemeier entstanden war, übermalt. Ein kleiner, dreist vorgetragener Kunst-Skandal oder eine fast paradox anmutende Radikalisierung der zugrunde liegenden Fragestellung?

Die zweite Arbeit des Kunstprojekts findet sich im Eingangsbereich des Gebäudes GA. Dort, neben einem Ausstellungsraum für Skulpturen, ist ihr Film „Markasit“ zu sehen. Darin durchwandert eine Protagonistin die Ruhr-Universität, bewegt sich durch leere Hörsäle, besucht Lehrsammlungen und Gewächshäuser, Labore und Bibliotheken, ehe sie sich mehr und mehr in die unmittelbar angrenzende Natur begibt. Der Grundgedanke einer durchgrünten Wissensstadt findet sich ebenso wieder wie vielerlei Anspielungen auf Kunst- und Naturgeschichte. Eine sehr sehenswerte und informierte Arbeit.

Parallel zu den beiden aktuellen und temporär zu sehenden Arbeiten auf dem Campus werden im RUB-Campusmuseum einige weitere Arbeiten und Objekte zum Thema präsentiert.