Bochum. . Die Leidensgeschichte begann profan: mit einem grippalen Infekt. Sieben Monate später hat Meinolf Berkemeier seine Lebensfreude zurückgewonnen. „Die Heilung schreitet voran“, sagte der 49-Jährige beim Jahreskongress der Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung.
Wunden effizient, zuverlässig und möglichst schmerzfrei behandeln: Darum geht es bei der Tagung seit Donnerstag im Ruhrcongress. Darum geht es bei Meinolf Berkemeier seit dem 23. November 2013. Eine Nacht, deren verheerende Spuren bis heute sichtbar sind.
OP dauerte sieben Stunden
Mit Schüttelfrost und 40 Grad Fieber liegt der Bankbetriebswirt flach. Abends bittet er seine Frau um eine Wärmflasche, die er sich erst auf den Bauch legt, später zwischen die Knöchel klemmt. Der Familienvater fällt in einen Tiefschlaf. Es ist seine Frau, die am Morgen aufschreit. Meinolf Berkemeier hat an beiden Unterschenkeln schwerste Verbrühungen erlitten; die Haut ist tiefrot.
Schmerzen hat der Grippe-Patient in all den Stunden nicht gespürt. Wie kann das sein? Die Antwort erhält er in einem Allgemeinkrankenhaus, in das ihn ein Notarzt wegen der verbrühten Füße bringt: Berkemeier ist Diabetiker. Das hatte er nicht gewusst. Ebenso wenig, dass „bei Diabetes-Patienten oft das Temperaturempfinden gestört ist. Das kann alle Körperregionen betreffen“, schildert Prof. Marcus Lehnhardt, der es als Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte am Bergmannsheil häufig mit Patienten wie Meinolf Berkemeier zu tun hat.
Der Paderborner lässt sich zunächst in seinem Heimatkrankenhaus behandeln. Eine Hautverpflanzung wird vorgenommen. Mit mäßigem Erfolg. Schmierwunden, Bakterienbefall, freiliegende Sehnen: Die Tortur nimmt kein Ende. Da erfährt Berkemeier von der Spezialklinik in Bochum.
Kongress läuft noch bis Samstag
Der Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung (DGfW) läuft noch bis Samstag.
1500 Wissenschaftler, Ärzte, Pflegefachkräfte, Physio- und Lymphtherapeuten tagen im Ruhrcongress.
Präsident der DGfW und zugleich Kongresspräsident ist Prof. Dr. Marcus Lehnhardt, Chef der Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte am Bergmannsheil.
Die Bochumer Klinik gilt als führend in Deutschland.
Marcus Lehnhardt und sein Team verfügen über reiche Erfahrung bei der Behandlung Schwerbrandverletzter. Mehrfach werden die Wunden sorgfältig gereinigt und damit die Basis für eine fachgerechte Haut- und Gewebetransplantation geschaffen. Sieben Stunden dauert im Februar die OP. Vier Wochen muss Meinolf Berkemeier in der Spezialklinik bleiben. Seither geht es stetig aufwärts. Bei der Volksbank absolviert er derzeit eine Wiedereingliederung. Alsbald, so seine Hoffnung, ist er „komplett wiederhergestellt: Professor Lehnhardt sei Dank“.
Dessen Vorgänger, Prof. Dr. Hans-Ulrich Steinau, berichtete beim Kongress von einem weiteren Phänomen. Immer mehr demente Senioren verbrühten sich in heißem Badewasser. „1,5 Sekunden reichen für schlimme Verbrennungen.“
Die Leidensgeschichten werden leider fortgeschrieben.