Der renommierte Komponist Ari Benjamin Meyers hat für das Detroit-Projekt die Acht-Stunden-Aufführung „Just in Time, Just in Sequence“ komponiert, die am Samstag (28.6.) von über 300 Beteiligten im Schauspielhaus uraufgeführt wird. Ein Interview.
WAZ: Was bekommen die Bochumer zu hören?
Ari Benjamin Meyers: Es ist ein Stadtstück. Auf allen Ebenen. Die ganze Stadt wird widergespiegelt: Kompositorisch, musikalisch, aufführungstechnisch. Der wichtigste Aspekt ist der soziale, die vielen Leute, die mitmachen, musizieren. Über 300 Musiker. Vom Polizeifrauenchor bis zum Musikschüler.
Ursprunglich stand aber doch so etwas wie die Idee einer „komponierte Fabrik“ im Mittelpunkt?
Der Ausgangspunkt waren tatsächlich die Opel-Fabrik-Führungen. Der Takt, der Rhythmus, das Tempo der Produktion. Irgendwann ist mir aber klar geworden, dass ich das Konzept noch weiter öffnen muss. Die Fabrik muss sich hin zur ganzen Stadt öffnen. Allerdings bauen wir nichts Materielles, keine Autos und keine HD-Fernseher. Es zählt der künstlerische Moment. Ganz ursprünglich, also etwas wie ein Ding an sich.
Es werden aber Strukturen der Werksarbeit, der Werksorganisation, in Musik überführt?
Ja. Das fängt schon damit an, dass das Performen ja auch Arbeit ist. Es ist eine Arbeit über Arbeit. Es wird konkret eine Früh-, eine Spät- und eine Nachtschicht geben. Jede „arbeitet“, das heißt musiziert, zweieinhalb Stunden lang. Dazu kommt insgesamt eine halbe Stunde, die für ganz reguläre Pausen, zum Trinken etwa, vorgesehen sind. Die sind exakt im Zeitplan vorgeschrieben.
Das Konzert ist tatsächlich acht Stunden durchkomponiert?
Ja, es gibt einen exakten Ablaufplan für die Aufführung zwischen 15 und 23 Uhr. Die Partitur wird für die Besucher auch sichtbar gemacht. Mit Hilfe einer Grafikdesignerin wurde sie visualisiert und sie wird nun auf die Wände projiziert. Die Musizierenden sind in Subgruppen organisiert mit verschiedenen Leitern. Es gibt einen „Puls“, der von Schlagzeugern ausgeht, dazu Orchester und Chöre, die sich im Laufe des Tages ändern. Beim Finale sind dann 14 Schlagzeuger beteiligt.
Wie sollte der Zuhörer das Stück anhören?
Es ist ein waghalsiges Experiment, ein Risiko. Keine klassische Konzertsituation, keine perfekte Aufführung. Eher ein offener Prozess. Es wird spannend.