Bochum. . Zu Besuch bei zwei künstlerischen Auseinandersetzungen mit den Arbeitsweisen der Zukunft, die beim Detroit-Projekt gezeigt wurden und noch werden

Im Innenhof des Bochumer Rathauses tummeln sich die Menschen. Hier ein geschmückter Mercedes, dort rafft die Braut ihr Kleid und stöckelt übers Pflaster. Mittendrin, isoliert und wie von einem anderen Planeten, steht der im Rahmen des Detroit-Projekts eröffnete Donut-Shop des Künstlerduos Heather Peak und Ivan Morison. Es ist ein schlechter Platz für den Verkauf, von außen ist der Laden kaum sichtbar. Die Atmosphäre ist bedrückend, die hohen Fronten des mächtigen Rathauses lassen kaum Sonne in den Hof, es gibt nur einen Ausweg. Dieser Raum jedoch schafft ein Setting, das sich in seiner bizarren Künstlichkeit denkbar gut für das eignet, was sich hier abspielt.

Nähert man sich, wird man freundlich begrüßt vom Donut-Verkäufer (Alexander Ritter), der in einem im Vergleich zum monströsen Stand winzigen Auslagefenster die süßen Teile feilbietet. Wählt man eines aus, so rät er zu einem anderen, möchte man dann das, ist es nicht zu verkaufen. Und schon ist man Teil der Theater-Performance „All’s well that ends“, die hier jeden Tag gezeigt wird. Hat man doch seinen Donut erstanden, fällt auch die blasse Frau (Edith K. „Tek“ Wilson) mit den Wuschelhaaren auf, die aussieht wie die Winnie aus Becketts Theaterstück „Glückliche Tage“. Sie ist der Azubi, wird angelernt, bekommt bis in die Handgelenksdrehung hinein genaue Anweisungen, wie sie zu putzen hat. In dieser Geste offenbart sich das ganze Elend der prekären Arbeit. Es ist rührend, den beiden zuzusehen, wie sie ihren Job ernst nehmen, obwohl kein Kunde kommt. Ist das die Zukunft des arbeitslosen Opel-Arbeiters?

Im Laufe der Stunden entwickelt sich die Improvisation zum absurden Drama und man denkt, Beckett säße nebenan und gäbe die Regieanweisung.

„All’s well that ends“ ist sicherlich eine der besten Arbeiten im Detroit-Projekts. Es lohnt sich, länger zuzusehen. Reaktionen wie Beklemmung wechseln mit überbordendem Mitgefühl für die beiden Kreaturen. Was ist Arbeit, und was muss man nicht alles tun, um die eigene Existenz zu sichern?

Vom Nachdenken über Arbeit geht es bei „Public Engineering“ ganz praktisch ans Selbermachen. In der Rotunde hat der britische Künstler Ross Dalziel gemeinsam mit „Das Labor“ aus Bochum einen Kran entwickelt, mit dem man Kartons stapelt. Zuvor muss man diese jedoch selbst stanzen, falten und verzieren. In einer Produktionsstraße werden die Schritte arbeitsteilig vollzogen. Das macht hier ausnahmsweise Spaß. Dalziel war die Zusammenarbeit mit Technik-Community „Das Labor“ besonders wichtig. Sie entwickeln freie Software, löten, ätzen und basteln und haben dabei den Anspruch mit Technologie Sinnvolles zu gestalten. Dalziels Projekt soll neue Perspektiven eröffnen. Technisches Know-How versammelt in kleineren Netzwerken statt an einem einzigen industriellen Standort wie Opel.


Info:

Am besten lässt sich die Performance „All’s well that ends“ während eines ausgedehnten Einkaufsbummels beobachten. Zunächst schaut man kurz nach Beginn der Vorstellung vorbei. Dann erledigt man seine Einkäufe, kommt zurück und sieht wieder einige Minuten zu. Nach einem Mittagessen, bleibt Zeit für einen dritten Besuch, um bei Donut und einer Tasse Kaffee den Schlussteil zu sehen.

Noch bis zum 4. Juli, montags bis freitags, 10-14 Uhr, im Innenhf des Rathauses, Willy-Brandt-Platz. Eintritt frei.