Bochum. Gerhard Ucka ist einer von 120 ehrenamtlichen Betreuern, die sich mit Häftlingen der JVA Bochum zu Gesprächen treffen. Im Interview erzählt er von seinen Erlebnissen mit den italienisch-stämmigen Gefängnisinsassen. Seit drei Jahren betreut er einmal im Monat bis zu neun Insassen.

Ehrenamtliche Helfer sind aus unserer Gesellschaft kaum wegzudenken. Auch im Gefängnis übernehmen sie wichtige Aufgaben. In der JVA Bochum führen sie Einzel- und Gruppengespräche mit Häftlingen, die keine sozialen Kontakte nach draußen haben. Die Anstaltsleitung bedankte sich dafür mit einem Beisammensein bei den freiwilligen Helfern.

Der 69-Jährige Gerhard Ucka aus Herne betreut seit drei Jahren einmal pro Monat bis zu neun italienischstämmige Häftlinge im Gefängnis und schildert seine Erlebnisse.

Wie sind zum ehrenamtlichen Betreuer geworden?

Gerhard Ucka: Im Zisterzienserkloster habe ich in einer Anzeige gelesen, dass ein Betreuer für die italienischen Häftlinge gesucht wird. Da ich die Sprache gut spreche und für mich das Kümmern um Menschen, die sonst niemanden haben, ein Ausdruck von christlicher Nächstenliebe ist, habe ich mich beim katholischen Seelsorger der JVA Alfons Zimmer gemeldet.

Kann jeder einfach Betreuer werden?

Ucka: Prinzipiell ja. Es werden auch immer Betreuer gesucht. Allerdings sollte man eine gefestigte Persönlichkeit sein, um Nähe und Distanz zu den Häftlingen einschätzen zu können. Herr Zimmer hat mich in einem Gespräch auf den ersten Kontakt vorbereitet.

Wie verlief Ihr erstes Treffen mit den Häftlingen?

Ucka: Ich wartete alleine in einem Raum, nach und nach wurden die Gefangenen zum Gruppengespräch reingebracht. Ich habe mich kurz vorgestellen, dann haben wir uns auf italienisch unterhalten. Zu Anfang war es noch sehr distanziert. Es dauerte, bis die harten Jungs weich wurden. Angst hatte ich aber nie.

Worüber reden Sie in den Einzel- und Gruppengesprächen mit den Häftlingen?

Ucka: Häufig geht es um die Haftbedingungen. Beispielsweise um den Umgang mit den Wärtern oder die medizinische Versorgung. Drogenhandel und -konsum sind in der Anstalt ein großes Thema, das hat mich überrascht. In Einzelgesprächen gibt man aber auch etwas von sich selbst preis.

Was bedeuten den Gefangenen die Gespräche?

Ucka: Sie begegnen mir mit Respekt. Viele sind sehr dankbar, dass sie jemanden zum Reden haben. Das fördert in einigen Fällen auch die Resozialisierung, leider kriegen aber zu wenige die Kurve. Dennoch bauen die Gespräche Frust und Spannungen unter den Insassen ab.

Kann man noch mehr für die Gefangenen tun?

Ucka: Einigen durfte ich schon religiöse Devotionalien oder Bücher mitbringen. Für zehn Euro kann man dem Häftling nach dem Gespräch am Kaffee- und Süßigkeitenautomaten etwas kaufen. Ich habe auch schon mal über einen Anwalt Kontakt zum Konsulat hergestellt.

Ist Ihnen ein Erlebnis als Betreuer besonders in Erinnerung geblieben?

Ucka: Die Gespräche mit einem Bankräuber, der sich nach der Wahl von Papst Franziskus gestellt hat. Er war zuvor drogensüchtig, hat aber im Gefängnis seinen Weg zu Gott gefunden. Er ist durch gute Führung auch früher aus der Haft entlassen worden.

Haben sie Kontakt zu ehemaligen Häftlingen?

Ucka: Bisher nicht. Viele Betreuer wollen das auch gar nicht. Andere dagegen helfen sogar bei der Wohnungssuche nach der Haft. Zwei ehemalige Bochumer Häftlinge haben zugesagt, sich bei mir zu melden. Ich bin gespannt, ob ich von ihnen höre werde.