Bochum. Dass der Traum vom Radfahren auch noch im hohen Alter bestehen kann, zeigt ein Kurs für erwachsene Anfänger der IFAK Bochum. Nach dem speziellen Konzept „moveo ergo sum“ wird dabei hauptsächlich auf die lernfördernde Gruppendynamik und „Radfahren lernen als Integrationsmaßnahme“ gesetzt.

Schon Radprofi Erik Zabel, Sieger des Sparkassen Giro Bochum 1999, sagte mal: „Ehrgeiz kann man nicht trainieren.“ Auch die neun Teilnehmerinnen und der eine Teilnehmer im Radfahrkurses des Vereins für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe (IFAK) und der Paritätischen Akademie besitzen großen Ehrgeiz, denn:

„Moveo ergo sum“ – Ich bewege mich, also bin ich

Bei den Radfahranfängern handelt es sich ausschließlich um Erwachsene, die sich den Traum vom Radfahren doch noch erfüllen möchten. Unter Anleitung zertifizierter Radfahrlehrer und nach dem bewährten Konzept „moveo ergo sum“ lernen die Erwachsenen das Fahrradfahren von Beginn an. „Sie erfahren das Rad für sich wie die Kinder“, sagt Joanna Zadora-Gruse (42).

„Auf dem Roller lernen sie zunächst ihr Gleichgewicht zu finden, spezielle Falträder mit niedrigem Einstieg vermitteln ein sicheres Lerngefühl.“ Die „Fahrschüler“ erschließen sich das Rad selbst durch aufeinander aufbauende, kleinschrittige Fahrübungen, so dass sie „irgendwann einfach aufsteigen und losfahren“, weiß Zadora-Gruse aus Erfahrung.

Radfahren als Integrationsmaßnahme

Ditte Gurack (40), Bildungsreferentin der IFAK, sieht in den Kursen zusätzlich zur lernfördernden Gruppendynamik eine gute Integrationsmaßnahme: „Unsere interkulturelle Arbeit hat gezeigt, dass gerade bei Frauen mit Migrationshintergrund der Bedarf relativ hoch war. Bei uns gilt Radfahren als anerkannter und beliebter Freizeitsport – in deren Herkunftsländern ist dies, gerade für Frauen, weniger üblich oder schicklich.“

Auch interessant

Daher seien die „typischen Radneulinge“ auch häufig Frauen, die das Fahren nie gelernt oder intensiv praktiziert haben, es aber ihrer Kinder wegen lernen möchten. Daher wird das Thema „Familienausflug per Rad“ neben dem Theorieteil „Fahrsicherheit mit Verkehrszeichen und Verkehrsregeln“ an den letzten Kurstagen auch fokussiert behandelt. Andere Teilnehmerinnen trauen sich heute nicht mehr aufs Rad – so wie Katja Koch aus Gelsenkirchen: „Als kleines Kind bin ich in einen Haufen Brennnesseln gefallen und seitdem nie wieder auf ein Rad gestiegen.“ Nun möchte die 33-Jährige ihre Angst bezwingen, um in Zukunft mit ihrem Freund gemeinsame Radausflüge machen zu können.

Nur noch Angst gehabt

Auch Brigitte Voss (54) möchte als Neu-Bochumerin die Gegend per Drahtesel erkunden können. Sie ist vor 20 Jahren das letzte Mal Rad gefahren. „Mit drei Gängen und Rücktritt.“ Als sie kürzlich auf ein Fahrrad steigen wollte, habe sie „nur noch Angst gehabt“. Unter Gleichgesinnten fühle sie sich sicherer, das Rad fahren neu zu lernen. Die Grundbausteine dafür lernen die Radneulinge in den nächsten zwei Wochen, die Fahrsicherheit müssen sie sich durch stetiges Üben dann selbst aneignen.