Langendreer. . Schule am Haus Langendreer richtet Landessportfest im Elektrorollstuhl-Hockey aus. Körperbehinderte Jugendliche geben dabei Vollgas und blühen richtig auf

Özge ist nicht zu bremsen. In ihrem Rolli saust das elfjährige Mädchen über das Feld und ist immer auf Ballhöhe. Hochkonzentriert beobachtet sie die Spielzüge, lenkt ihr Gefährt ins Getümmel und langt mir ihrem Schläger zu, wenn der Ball in ihre Nähe kommt. Wo andere bremsen, gibt Özge völlig unerschrocken Gas. Kerstin Merten, Sportlehrerin an der Schule am Haus Langendreer, einer Förderschule für Körperbehinderte, schaut fasziniert zu. „Eigentlich ist Özge eher zurückhaltend“, erzählt die 39-Jährige. „Doch hier, beim Hockey, blüht sie richtig auf.“

Nicht nur Özge. Alle Rollifahrer, die mit ihren Teams beim 17. Landessportfest im Elektrorollstuhl-Hockey in der Sporthalle am Leithenhaus antreten, sind voll bei der Sache. Für viele ist es die einzige Möglichkeit, Sport zu machen. Florian aus Özges Team zum Beispiel kann nur den Finger bewegen, mit dem er seinen Rolli steuert. Er ist glücklich, wenigstens Hockey spielen zu können.

Der 13-Jährige hütet das Tor für die zweite Bochumer Mannschaft, die an diesem Tag antritt. Sein körperliches Handicap macht ihm in diesem Moment weniger zu schaffen als das ärgerliche Gegentor, das er im ersten Spiel kassiert hat. „Ich habe den Ball einfach nicht gesehen“, sagt Florian und gibt sich für die nächste Partie kämpferisch. Er lacht: „Da läuft es besser. Ich mache das schon.“

Rammschutz hilft nicht immer

Zwei Bochumer Teams kämpfen gegen fünf andere Mannschaften um den Pokal. Fünf Spieler je Team stehen mit ihren Rollis auf dem Platz. Da ist es gar nicht so einfach, den Ball in das gerade mal 20 Zentimeter hohe Tor zu bugsieren. Größer muss es auch nicht sein, der Ball darf ohnehin nur flach gespielt werden. Auch das Tempo der Rollstühle darf 10 km/h nicht überschreiten.

Auf dem Platz geht es richtig zur Sache. „Deshalb sind viele Rollis auch mit einem Rammschutz versehen“, erklärt Kerstin Merten. Trotzdem gehe immer wieder etwas kaputt. „Das ist dann ärgerlich, denn die Rollstühle werden ja auch im Alltag benötigt.“

Für die Taktik, Auf- und Einstellung der Teams ist Sportlehrer Rainer Fandrich zuständig. Der 55-Jährige führt zwei Hockey-AGs und ist seit vielen Jahren auch Trainier der Elektrorollstuhl-Hockeyteams von Tusem Essen. Was er seinen Spielern mit auf den Weg gibt, hat also Hand und Fuß. Fandrich ist bei dem Turnier Mädchen für alles: Er betreut die beiden Teams, sorgt beim Publikum für Stimmung und fungiert auch als Schiedsrichter. Wie seine Spieler nimmt auch Rainer Fandrich das Spiel sehr ernst. Er muntert nach vergebenen Chancen auf, gibt zwischendurch taktische Anweisungen und jubelt laut bei jedem Tor.

Am Ende des Turniertages aber reißen andere die Arme hoch: Für Bochum 1, Rekordsieger des Landessportfestes, bleibt Platz 3. Sieger Köln und Wuppertal waren diesmal einfach besser. Für Florian, Özge und ihr Team lief es leider doch nicht besser. Sie landen auf dem letzten Platz. Egal. Letztlich gehen doch alle als Sieger nach Hause. Denn jeder ist auf dem Platz wieder einmal über sich hinaus gewachsen.