Bochum. . Bei Sondierungsbohrungen in Bochum-Werne wurden zwei Fünf-Zentner-Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Während der Entschärfungsmaßnahmen fanden nicht nur die Bürger Zuflucht in der eigens eingerichteten Betreuungsstelle. Manch langjährige Nachbarn wurden hier sogar zu Freunden.

Susi (15) und Rico (30) sitzen an einem der Tische mitten im Erich-Brühmann-Haus und beobachten gelassen, was um sie herum so passiert. So weit, so normal. Wäre Susi nicht eine etwas betagte Chihuahua-Dame und Rico nicht ein umso betagterer und flugunfähiger Blaustirnamazonen-Papagei.

1.300 Bürger mussten die Gebäude im Gefahrenbereich verlassen

Susi und Rico wurden evakuiert. Genauso wie etwa 1300 Bürger aus Werne, die am Dienstag, 13. Mai, zwischen 10 Uhr und 13:10 Uhr ihre Wohnungen und Häuser räumen mussten. Denn bei Sondierungsbohrungen wurden am Vortag zwei fünf Zentner Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. Während der Entschärfungsmaßnahmen wurden zwei Gefahrenbereiche von jeweils 250 Metern rund um die Fundorte eingerichtet, die Anwohner evakuiert und eine Betreuungsstelle im Erich-Brühmann-Haus eingerichtet. Hier haben auch Susi und Rico mit Frauchen Daniela Edling (34) Zuflucht gefunden: „Ich habe mir extra Urlaub genommen, denn ich wollte meine Tiere nicht alleine zu Hause lassen heute. Ich hätte auch ins Café gehen können, aber ich finde das hier mal ganz interessant.“

Bürger werden mit Getränken und Essen versorgt. Die Lage ist entspannt

Neben Daniela Edling und ihrem Nachbarn halten sich noch 80 weitere, evakuierte Werner Anwohner in der von der Feuerwehr eingerichteten Betreuungsstelle auf. Sie werden an diesem kalten und verregneten Tag mit wärmenden Getränken und heißem Erbsen-Eintopf mit Bockwürstchen versorgt. An einem Tisch werden Karten gespielt.

Angst, dass bei der Entschärfung etwas schief gehen könnte, hat offenbar niemand. Man vertraut hier ganz auf die Profis: „Das wird schon gut gehen“, ist Rita Dunkel (79) zuversichtlich. „Die Mittelung zur Evakuierung war gestern allerdings eine Überraschung. Also gut, dass man hier Unterschlupf findet. Sonst hätte ich nicht gewusst, wo ich mit meiner Enkelin hingehen sollte bei dem Wetter.“

Nach 10 Jahren Nachbarschaft lernt man sich hier kennen

Auch Daniela Elding hat keine Angst. Ihre Tiere sind ebenfalls entspannt: Susi döst inzwischen im Täschchen vor sich hin, Rico knabbert friedlich an seinem Käfiggitter. Und obwohl Daniela eigentlich an ihrer Diplomarbeit sitzen müsste, hat sie dank der Bombenentschärfung „vor ihrer Haustür“ endlich mal ihren Nachbarn von gegenüber kennengelernt: „Man sieht sich zwar oft, aber man redet sonst nie weiter miteinander. Heute haben wir nach zehn Jahren mal mehr als zwei Sätze miteinander gesprochen. Wahrscheinlich geht das hier heute vielen so.“ Offensichtlich. Denn die Stimmung ist nicht direkt ausgelassen, aber entspannt. Überall wird geplaudert. Lästig scheint diese Ausnahmesituation keinem der hier Anwesenden zu sein. Und um 13:10 Uhr war eh alles vorbei. Bombe entschärft, die Anwohner durften wieder nach Hause gehen.

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