Bochum. .
Im Grenzland zwischen Natur und Geste war er zu Hause, der Maler Hans-Jürgen Schlieker, den sie nur „Hänner“ nannten. 2004 war der Bochumer Künstler mit 80 Jahren verstorben, zehn Jahr danach ist er menschlich und künstlerisch nicht vergessen, was mit zwei zeitgleichen Ausstellungen nachdrücklich unter Beweis gestellt wird.
Im Schlieker-Haus in Querenburg sind bis Mitte Juli Spätwerke zu sehen, am Sonntag wird im Kunstmuseum eine Kollektion mit Schlieker-Bildern eröffnet, die um 1960 herum entstanden, und die Schliekers Tochter Claudia Schlieker-Buckup zur Verfügung gestellt hat (es erscheint ein Katalog).
Vor einen halben Jahrhundert war es eine Zeit des Umbruchs für viele dem Krieg entronnene junge Künstler, die sich an der von den Nazis verfemten Moderne zunächst abarbeiten mussten, um zu sich selbst zu finden. Auch für Schlieker bedeuteten die späten 1950er und die frühen 1960er Jahre die entscheidende Etappe auf seinem Weg. Anerkennung durch Kunstpreise, aber auch die Freiheit auf seinen Reisen ans Mittelmeer beflügelten seine Versuche.
Ausstellungen im Museum und im Schlieker-Haus
Vernissage ist am Sonntag (11.5.) um 11 Uhr im Kunstmuseum, Kortumstraße 147 Einführungen von Museumsdirektor Hans Günter Golinski und Claudia Schlieker-Buckup. Eintritt frei.
Am Mittwoch (21.5.) gibt es um 19 Uhr eine Bildmeditation zu einzelnen Schlieker-Werken mit der Kunsthistorikerin Eva-Maria Schöning (19 Uhr).
Im Schlieker-Haus, dem ehemaligen Atelier am Paracelsusweg 16, zeigt Claudia Schlieker-Buckup vom 11. Mai bis 13. Juni Arbeiten aus den letzten Jahren von Hänner Schlieker (Öffnungszeiten mi., sa., so. 15-18 Uhr).
Hans-Jürgen Schlieker war ein guter Porträtist, auch ein Meister der kleinen Form, aber seine Gemälde, für die er bekannt ist, waren von vornherein dem ausholenden Zugriff des informellen Gestaltens verpflichtet. Aus Naturstudien heraus erwachsen, gewinnen Schliekers Bilder um 1960 jenen abstrakten Gestus, der seine Kunst beseelt. Jedes Bild wird da zur Summe von existenziellen Erfahrungen, Ängsten, Zweifeln, Sehnsüchten. Nicht zuletzt geht es um den Begriff der „Freiheit“ – der persönlichen, der künstlerischen –, deren Erleben nach den Zwängen der Diktatur einer Entladung gleich kam.
In Museum wird Schliekers in kraftvolle Abstraktionen eingeschlossene Sinn-&-Seins-Findung nachvollziehbar. Gerade die schwarz-weiß-Gemälde sind beredtes Zeugnis für seine ureigene Bildsprache, die sich Strich um Strich vom gegenständlich-figurativen Bildkonzept löste und im direkten Umgang mit dem Malmaterial - und mit heftigem Pinselduktus - zu sich selbst fand.
Ausstellung Schlieker im Museum Bochum
Wie Schlieker im damaligen Kontext der informellen Kunst einzuordnen ist, wird somit fassbar. Natürlich sind Anklänge an die Gestaltungsformen eines Emil Schumacher unübersehbar. Aber dieser Zeitraum „um 1960“ war in der Kunst eben sehr durchlässig für viele Strömungen und Tendenzen, und er war grundsätzlich eine Phase des Durchbruchs bundesdeutscher Künstler zu nationalem wie internationalem Renommee. Genau an diese Stelle hat Hans-Jürgen Schlieker sein Zeichen gesetzt.