Wer einen Blick hinter die wild wuchernden Dornenhecke am Eckgrundstück Markstraße/Stiepeler Straße wagt und sich selbst vom beißenden Uringestank nicht abschrecken lässt, der findet zwar kein Dornröschenschloss, dafür aber das, was Vandalen und Zerfall von der einstigen Vorzeigeschule der Stadt, der alten Erich-Kästner-Gesamtschule, übrig gelassen haben: Eine mit gefährlichen Altlasten verseuchte Bauruine. Doch deren Tage sind gezählt.
Die Stadt hat alle Mühe, mit notdürftigen Bretterverschlägen die beinahe täglich neu eingeworfenen zu verbarrikadieren. Überall im Gebäude, auf dem riesigen knapp neun Hektar großen Areal liegen Glassplitter und einige Zeitgenossen haben das Gelände gar als illegale Müllkippe ausfindig gemacht. Andreas Grosse-Holz von den Zentralen Diensten der Stadt, die für die Sicherung und den späteren Abriss zuständig ist, erklärt das Dilemma: „Es würde rund 100 000 Euro kosten, alle Fenster fachmännisch zu sichern. Auch der Einsatz eines Sicherheitsdienstes wurde diskutiert, doch das bringt wenig.“ Was er meint, übermütige Jugendliche oder Erwachsene, kennen schnell die Touren und machen sich einen gefährlichen Spaß in der Ruine. Das aus mehreren Gründen.
Im Auftrag der Stadt hat ein Gutachter die Belastung mit Asbest, PAK und PCB genau aufgelistet. In der kommenden Woche wird ein Ingenieurbüro beauftragt, das die Schadstoffsanierung des 1971 als Gesamtschule Bochum gebauten Komplexes organisieren soll. Vom Spätsommer dieses Jahre an werden Raum für Raum (die Fläche von rund drei Fußballfeldern muss saniert werden) die Schadstoffe unter strengen Auflagen entsorgt. Ein Dreiviertel Jahr ist dafür veranschlagt.
Erst dann erfolgt der eigentliche Abriss, voraussichtlich ab Sommer 2015. „Wenn möglich, können die Schadstoffsanierung und der Abriss in Teilen auch parallel laufen“, so Grosse-Holz. Auf diesem Weg könnte etwas an Zeit gewonnen werden.
Die Stadt hatte zur Sicherheit 14 Millionen Euro an Sanierungs- und Abbruchkosten in den Haushalt einstellen lassen. „Wir gehen allerdings heute davon aus, dass wir mit wesentlich weniger Geld auskommen werden“. Die Berechnungen lägen zurzeit bei etwa zehn Millionen Euro. Wobei Abriss und Sanierung jeweils rund die Hälfte der Kosten ausmachen. Im Herbst 2015 soll nichts mehr übrig sein von Bochums erster Gesamtschule. Zu Spitzenzeiten lernen hier mehr als 2000 Schüler und Schülerinnen unterrichtet von über 100 Lehrerinnen und Lehrern.