Bochum.

„Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“ heißt ein launiges Buch, in dem es um die angeblich naturgegebenen Unterschiede zwischen Mann und Frau geht. Wer meinte, das Thema tauge nicht für die Bühne, kennt „Atmen“ des britischen Dramatikers Duncan Macmillan (*1980) nicht.

Am Wochenende hatte das Stück im Prinz Regent Theater Premiere. „Atmen“ zeigt ein junges Paar, das sich nach endlosem Hin und Her dazu durchringt, ein Kind bekommen zu wollen. Eine im Wortsinn schwere Geburt: Nachwuchs zeugen, heißt Verantwortung übernehmen, und zwar nicht nur für das Kind, sondern für die Welt. Schließlich könnten Mama oder Papa sieben Jahre lang von Berlin nach New York und wieder zurück jetten, ohne die CO2-Menge produziert zu haben, mit der der neuer Mensch dereinst den Globus belasten wird... Dass die Frau auch von Ängsten geplagt wird, ob sie ihr Kind überhaupt wird lieben können, und der Mann grübelt, ob er noch wird ausgehen können, macht die Sache für die Zwei nicht leichter.

Für das Publikum aber auch nicht. Von der ersten Erwähnung des Kinderwunsches über die verkrampften Empfängnisversuche geht es 90 Minuten im dialogischen Dauerfeuer weiter zu Schwangerschaftstest, Fehlgeburt, Trennung, Versöhnung und schließlich doch zur Geburt. Es wird geredet und geredet und geredet – letztlich ein Wohlstandslamento, das, wenn auch auf hohem sozialen und intellektuellen Niveau geführt, am Ende nervig wird. Leben heißt wagen!, möchte man den Protagonisten zurufen. Oder, flapsiger, zeitgemäßer: Just do it, verdammt!

Dass Macmillans so wortreich wie gender-gerecht gesetzten Selbst-
(ent)täuschungen nicht im dramaturgischen Nichts verglühen, liegt am Regiezugriff: Michael Lippold legt das Ringen Frau vs. Mann als Spiel der Existenzen in einer „Kampfzone“ an: Die Zuschauer sitzen um diese „Bühne“ herum, auf der sich nichts befindet außer die zwei Kontrahenten. Karger geht’s nicht, aber das steigert natürlich die Intensität.

Philine Bührer und Atef Vogel eignen sich Macmillans hyperrealistische, gleichwohl künstlerische Sprache so souverän an, dass sie ohne weiteres dem Alltag entstiegen sein könnten. Noch in den feinsten Nuancen ihrer Gefühlsverwerfungen sind die beiden präzise, glaubhaft, präsent. Stark gespielt!