Die Diskriminierung von Migranten findet im Alltag nicht nur an der Discotür statt. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Thomas Schmitt berichtet der SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (40) auch über Ausgrenzungen bei der Wohnungs- oder Kindergartensuche. Der Pass spielt keine Rolle, sondern ausschließlich das Aussehen.
Herr Yüksel, die Disco Prater sortiert ihre Gäste, wie wir gemeinsam bei unserem Besuch erlebt haben (1. Lokalseite), eindeutig nach ethnischen Gesichtspunkten. Wer nicht deutsch aussieht, läuft Gefahr, draußen bleiben zu müssen. Ist diese Disco eigentlich ein Einzelfall?
Serdar Yüksel: Die Disco Prater stellt leider keinen Einzelfall dar. Dass Gäste nichtdeutscher Abstammung ohne nennenswerten Grund der Eintritt in Discos verwehrt wird, kommt deutschlandweit vor. Die wenigsten Fälle werden bekannt. Dabei ist eine solche Diskriminierung keine Bagatelle: Besonders für junge Menschen ist das eine der ersten Ausgrenzungserfahrungen. Denn wenn man an der Discotür zu hören bekommt „Du kommst nicht ‘rein“ bedeutet das eigentlich „Du gehörst nicht dazu’’ und dies stellt für die Betroffenen eine tiefe Demütigung dar.
Werden bei den Einlasskontrollen ausschließlich Männer diskriminiert oder sind auch Frauen betroffen?
Sicher betrifft dies in manchen Fällen auch Frauen. Es sind aber größtenteils Männer betroffen, da Ihnen per se Gewalttätigkeit und aggressives Verhalten unterstellt wird. Dabei entscheidet in den seltensten Fällen das tatsächliche Verhalten gegenüber den Türstehern, sondern ausschließlich das Aussehen der Menschen: dunkle Haare oder dunkler Teint reichen da oft schon aus. Genau so, wie wir beide es an der Tür an der Disco Prater leider erleben mussten.
Haben Sie davon gehört, dass Türsteher Schmiergeld nehmen?
Es wird von Betroffenen immer wieder berichtet, dass Türsteher Schmiergelder annehmen. Darüber hinaus wird man darauf hingewiesen, dass bei Inanspruchnahme eines VIP-Platzes in der Diskothek und beim Kauf von mindestens zwei Flaschen Hochprozentigem (Kosten nicht selten bis zu 300 Euro) auch bei Ausländern manchmal eine Ausnahme gemacht wird.
Wie oft erleben Sie persönlich Rassismus im Alltag und wie häufig werden Sie als Abgeordneter zu diesem Thema angesprochen?
Wir haben es mit dem alltäglichen Rassismus zu tun, der sich in allen hässlichen Facetten zeigt. Diskriminierung bei der Wohnungssuche oder Abweisung in Fitnessstudios sind inzwischen alltäglich. Aus meiner Beobachtung und vielen Beobachtungen heraus, hat der alltägliche Rassismus eher zugenommen als abgenommen. Eltern mit Migrationshintergrund berichten mir regelmäßig, dass sie ihre Kinder früh in den Kitas anmelden, aber durch Selektion – insbesondere durch die konfessionellen Einrichtungen – erst als Letzte berücksichtigt werden. All das droht auch die Gesellschaft zu spalten.