Am 19. März wird einer der Gründungsprofessoren der Ruhr-Universität 90 Jahre alt. Prof. Dr. Karl Esser gehört zur Gummistiefel-Generation. Ein Besuch im Büro
„Wer kann mit 39 Jahren als Wissenschaftler so ein Angebot ablehnen: Kommen Sie nach Bochum, bauen sie was auf, Geld spielt keine Rolle!“ Und Karl Esser kam. Der in Köln lehrende Biologe lehnte den Ruf an die renommierte Universität München ab und wurde zum Gründungsprofessor der Ruhr-Universität. Als Mitglied der „Gummistiefel-Generation“ baute er den Betrieb auf und setzte zudem den Bau des Botanischen Gartens in seiner jetzigen Form durch. Vor 25 Jahren wurde er emeritiert, morgen feiert er seinen 90. Geburtstag. Ein Besuch in seinem Büro – natürlich in der Ruhr- Universität. Hier gluckert es unaufhörlich durch die Rohre an der Decke. Kein sehr repräsentatives Büro. „Ab und zu platzt ein Rohr, dann steht alles unter Wasser“, sagt der 89-jährige und lacht. An Wänden und in Schränken Zeugnisse eines gewaltiges Forscherlebens: Fotos, Zeichnungen, Objekte von Gastreisen durch die Welt, Frankreich, Kanada, Namibia; einhundert Ordner mit sorgfältig dokumentierten Begegnungen, ausgewählte Werke aus 270 Publikationen.
Dennoch: „Von dem, was ich geschrieben und geforscht habe, wird nichts bleiben“, sagt der vielfach ausgezeichnete Wissenschaftler. „Doch der Garten, der wird immer bleiben“.
Damals beim Bau der Ruhr-Universität habe er kämpfen müssen: „Es war das Betonzeitalter. Da wusste keiner was ein Biotop ist. Und es gab auch keine grüne Partei“. Sein Argument: „Wenn ihr eh etwas anpflanzt, könnt ihr auch Etiketten dran machen.“ Doch sein Anliegen ging weiter: „Keine ‘Kindergräber’ in einer Reihe, keine rechteckigen, geordneten Beete“. Esser wollte einen Garten „in etwa wie die Natur“. Und zudem auch noch nutzbar für die Öffentlichkeit. „Weil Wissenschaftler vom Staat Geld bekommen, haben sie die Aufgabe Dinge für die Bürger verständlich zu machen.“
Um sich durchzusetzen, kooperierte er schon damals, Mitte der 60er Jahre, mit einem Ingenieur, der einen Computer nutzte. Der wurde mit Zahlen von Botanischen Gärten der gleichen Klimazone gefüttert. Somit konnte Esser bei den Entscheidungsträgern konkrete Daten vorlegen. „Ich bin ja kein Kräutersepp, ich bin Genetiker“, so seine Botschaft. Ab 1967 war er dann Direktor des Botanischen Gartens.
„Doch das war aber nur zehn Prozent meiner Arbeit“, so der Wissenschaftler, der immer noch eine Schriftenreihe betreut. Die meiste Zeit forschte und lehrte er. Um seinen durchaus gefürchteten Ruf zur aktiven Zeit weiß Esser. „Bei mir musste man arbeiten“, so seine Erklärung.
Obwohl er „den Roten“ wahrlich nicht zugeneigt war, pflegte er doch eine Freundschaft mit dem späteren Bundespräsidenten Johannes Rau.
Morgen feiert er Geburtstag --und sonntags geht er gerne im Botanischen Garten spazieren. Er hat den Schlüssel.